BMF, 23.6.2011, IV C 1 - S 2400/11/10002 :001

Bezug: TOP 16 der Sitzung mit den für die Einkommensteuer zuständigen Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder vom 15. bis 17.6.2011 (ESt IV/11)

Wird der auszahlenden Stelle ein Freistellungsauftrag erteilt, der auch Dividenden i.S. des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a EStG erfasst, oder führt diese einen Verlustausgleich unter Einbeziehung dieser Dividenden durch, hat die auszahlende Stelle insoweit vom Steuerabzug Abstand zu nehmen (§ 44a Absatz 10 Satz 2 EStG).

Nach der Gesetzesbegründung (vgl. BR-Drs. 850/10 S. 166) soll an dem Grundsatz festgehalten werden, dass die Kapitalertragsteuer bei Dividendenausschüttungen dem Land zusteht, in dem sich der Ort der Leitung der Gesellschaft befindet (Emittentenland). Nach bisheriger Rechtslage führte die Verrechnung von Verlusten und die Berücksichtigung von Freistellungsaufträgen nicht zu einer Minderung des Steueraufkommens aus Dividendenerträgen. Die Erstattungsbeträge waren bei den zerlegungsrelevanten Kapitalerträgen i.S. des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6, 7 und Nummer 8 bis 12 EStG zu berücksichtigen (vgl. § 44b Absatz 6 Satz 4 EStG und Rz. 213 des BMF-Schreibens vom 22.12.2009, BStBl 2010 I S. 94). Damit dieser Grundsatz weiterhin Anwendung findet, gilt unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:

Fließen Kapitalerträge i.S. des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a EStG zu, sind die Erträge und die hierauf entfallende Kapitalertragsteuer unabhängig von einer etwaigen Verlustverrechnung oder noch nicht ausgeschöpften Freistellungsaufträgen in die hierfür vorgesehene Zeile der Kapitalertragsteuer-Anmeldung gesondert einzutragen.

Die gemäß § 44a Absatz 10 Satz 2 EStG zu berücksichtigenden Verlustverrechnungs- und Freistellungsvolumina sind in der Kapitalertragsteuer-Anmeldung, wie bisher, bei den Kapitalerträgen i.S. des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6, 7 und Nummer 8 bis 12 EStG in Abzug zu bringen. Entsprechendes gilt für die Kürzung der Kapitalertragsteuer auf Grund der Kirchensteuer.

Beispiel:

Verlustverrechnungs- oder Freistellungsvolumen 1.000 EUR
     
5. März Eingang Dividendenerträge 3.000 EUR
     
  davon Emittentenland A 1.200 EUR
    Emittentenland B 1.800 EUR
     
10. März Eingang Zinsertrag 2.000 EUR

Im Rahmen der Führung des Steuerverrechnungskontos (Rz. 212 ff. des BMF-Schreibens vom 22.12.2009, a.a.O.) hat die auszahlende Stelle das zum Zeitpunkt des Zuflusses der Dividendenerträge dem Steuerpflichtigen zustehende Verlustverrechnungs- oder Freistellungsvolumen in Höhe von 1.000 EUR mit den Dividendenerträgen zu verrechnen und auf den verbleibenden Betrag von 2.000 EUR Kapitalertragsteuer in Höhe von 500 EUR einzubehalten. Da zum Zeitpunkt des Zuflusses des Zinsertrags von 2.000 EUR kein Verrechnungsvolumen mehr besteht, hat die auszahlende Stelle auf diesen Ertrag 500 EUR Kapitalertragsteuer einzubehalten.

Im Rahmen der Kapitalertragsteuer-Anmeldung hat die auszahlende Stelle die Dividendenerträge in Höhe von 3.000 EUR und einen hierauf entfallenden Kapitalertragsteuerbetrag in Höhe von 750 EUR in die hierfür vorgesehene Zeile der Kapitalertragsteuer-Anmeldung gesondert einzutragen. Zusätzlich ist dieser Kapitalertragsteuerbetrag in Höhe von 750 EUR entsprechend dem Ort der Leitung des Schuldners der Kapitalerträge auf die Emittentenländer A (300 EUR) und B (450 EUR) aufzuteilen und in der Kapitalertragsteuer-Anmeldung auf Seite 2 einzutragen (§ 45a Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG i.V.m. § 1 Absatz 3a ZerlG).

Der Zinsertrag in Höhe von 2.000 EUR sowie das berücksichtigte Verlustverrechnungs- oder Freistellungsvolumen in Höhe von 1.000 EUR sind als Saldobetrag in Höhe von 1.000 EUR in der vorgesehenen Zeile der Kapitalertragsteuer-Anmeldung zu § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6, 7 und Nummer 8 bis 12 EStG einzutragen. Entsprechendes gilt für die hierauf entfallende Kapitalertragsteuer in Höhe von 250 EUR. Dieser Kapitalertragsteuerbetrag ist – wie bisher – auf Seite 2 der Kapitalertragsteuer-Anmeldung dem Land, in dem sich der Wohnsitz oder Sitz des Gläubigers der Kapitalerträge befindet, zuzuordnen (§ 8 Absatz 1 Satz 3 ZerlG).

Abwandlung:

Werden im Beispielsfall im März keine Zinserträge vereinnahmt, mindert das zu berücksichtigende Verlustverrechnungs- oder Freistellungsvolumen in Höhe von 1.000 EUR die Summe aller in der vorgesehenen Zeile der Kapitalertragsteuer-Anmeldung zu § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6, 7 und Nummer 8 bis 12 EStG einzutragenden Kapitalerträge. Entsprechend vermindert sich der darauf entfallende Kapitalertragsteuerbetrag.

Soweit eine Abstandnahme vom Steuerabzug nach § 44a Absatz 10 Satz 1 EStG erfolgt, sind keine Eintragungen in der Kapitalertragsteuer-Anmeldung vorzunehmen. In den Fällen einer teilweisen Abstandnahme gemäß § 44a Absatz 10 Satz 1 Nummer 4 EStG ist die Kapitalertragsteuer in Höhe von drei Fünfteln (d.h. mit 15 %) anzumelden und nach dem Land des Emittenten zu zerlegen.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I...

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