Im internationalen Steuerrecht erfuhren die steuerlichen Regelungen zum Zinsabzug in den letzten Jahren erhöhte Aufmerksamkeit im Rahmen des durch die OECD initiierten sog. BEPS-Projekts ("Base Erosion and Profit Shifting"). Die Zielsetzung der teilnehmenden 62 Staaten bestand vornehmlich darin, den internationalen Steuerwettbewerb der Staaten und aggressive Steuerplanungen international tätiger Konzerne durch die Festlegung allgemein anerkannter Steuerstandards entschieden zu bekämpfen. Das konkrete Anliegen von Aktionspunkt 4 der Agenda ("Begrenzung der Gewinnverkürzung durch Abzug von Zins- oder sonstigen finanziellen Aufwendungen") war es, die nationalen Regelungen im Bereich der Zinsabzugsbeschränkung zu vereinheitlichen und dadurch ungerechtfertigte Gewinnverlagerungen weitgehend einzudämmen.

Basierend auf diesen Überlegungen hat der Rat der Europäischen Union auf Vorschlag der Kommission am 12.7.2016 eine Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken veröffentlicht ("Anti-BEPS-Richtlinie", "ATAD I"). Gem. Art. 4 der Richtlinie ("Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen")[1] wurden die Mitgliedsstaaten aufgefordert, mit Wirkung ab dem 1.1.2019 eine dem Konzept der deutschen Zinsschranke entsprechende Regelung in nationales Recht umzusetzen.

Nachdem die deutsche Regelung der Zinsschranke dem Art. 4 der ATAD I[2] inhaltlich sehr ähnlich ist, sah der deutsche Gesetzgeber zunächst insoweit keinen Änderungsbedarf. Wie bereits oben beschrieben, erfolgte durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz jedoch unlängst eine weitere Anpassung an die Vorgaben der ATAD I-Richtlinie.

Auf nationaler Ebene fand im Rahmen des Koalitionsvertrags vom 7.12.2021[3] eine weitere Diskussion um die künftige Entwicklung der Zinsschranke statt. Im Kapitel zur Steuerpolitik ("Bekämpfung Steuerhinterziehung und Steuergestaltung") wurde ohne nähere Erläuterungen angeführt, dass neben einer Ausweitung der Quellenbesteuerung die Zinsschranke durch eine sog. "Zinshöhenschranke" ergänzt werden soll, um unerwünschte Steuergestaltungen zu vermeiden.

Konkretisiert wurden diese Überlegungen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Wachstumschancengesetz.[4] Während zunächst vorgesehen war, dass Zinsaufwendungen nicht mehr abzugsfähig sein sollten, soweit diese mehr als zwei Prozentpunkte über den Basiszinssatz[5] liegen (vgl. § 4l EStG-E), wurde dieses Konzept nach dem Gesetzesbeschlusses des Bundestages v 17.11.2023 durch die geplante Neuregelung in § 1 Abs. 3d AStG-E ersetzt.

§ 1 Abs. 3d AStG-E sieht weitere Nachweispflichten für den Steuerpflichtigen vor, indem geregelt werden soll, dass es nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht, wenn ein aus einer grenzüberschreitenden Finanzierungsbeziehung innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe resultierender Aufwand die Einkünfte des Steuerpflichtigen gemindert hat und der Steuerpflichtige nicht glaubhaft machen kann, dass er (i) den Kapitaldienst für die gesamte Laufzeit dieser Finanzierungsbeziehung von Anfang an hätte erbringen können und (ii) die Finanzierung wirtschaftlich benötigt und für den Unternehmenszweck verwendet. Zudem soll anstelle des bei der Zinshöhenschranke vorgesehenen absoluten Höchstsatzes für den Abzug von Zinsaufwendungen vorbehaltlich einer Gegenbeweismöglichkeit eine Begrenzung des Zinsabzuges auf einen sog. Gruppenzinssatz erfolgen. Flankierend dazu normiert § 1 Abs. 3e AStG-E Regelfälle funktions- und risikoarmer Finanzierungsdienstleistungen, welche entsprechend niedrig zu vergüten sind.

[1] RL (EU) 2016/1164 des Rates v. 12.7.2016.
[2] RL (EU) 2016/1164 des Rates v. 12.7.2016.
[3] Koalitionsvertrag 2021–2025, „Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“, zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP vom 07.12.2021.
[4] Vgl. BT-Drs. 20/8628.

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