Leitsatz

Werden auf fällige, aber nicht gezahlte Milchabgabe Zinsen erhoben und erstreckt sich der Zinszeitraum über mehrere Jahre, ist der der Zinsberechnung zugrunde zu legende Zinssatz am 1. Oktober eines jeden Jahres des Zinszeitraums neu zu bestimmen.

 

Normenkette

Art. 15 Abs. 2 EGV 595/2004, Art. 4, Art. 13 Abs. 4 EGV 1788/2003

 

Sachverhalt

Wegen Überlieferung der sog. Referenzmenge im Zwölfmonatszeitraum 2007/2008 wurde gegen die Klägerin Milchabgabe festgesetzt. Nachdem die Klägerin begonnen hatte, den Abgabenbetrag in monatlichen Raten zu begleichen, setzte das HZA Zinsen für den Zeitraum Oktober 2008 bis zum erwarteten Ende der Ratenzahlungen im Mai 2022 fest, wobei es den Zinssatz für die gesamte Zeit gemäß dem am 1.10.2008 geltenden, um einen ­Prozentpunkt erhöhten Bezugssatz EURIBOR bestimmte.

Die Klage hatte nur teilweise (wegen nicht mehr streitiger Punkte der Zinsberechnung) Erfolg. Soweit sich die Klägerin gegen die Zinsforderung dem Grunde wandte, hielt das FG die Einwendungen für unbegründet. Auch den der Zinsberechnung für den gesamten Zinszeitraum zugrunde gelegten Zinssatz hielt das FG für zutreffend (FG Düsseldorf, Urteil vom 6.6.2016, 4 K 2307/15MOG, Haufe-Index 10894581).

 

Entscheidung

Aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen hat der BFH auf die Revision der Klägerin das FG-Urteil aufgehoben und die Sache an das FG (zur Ermittlung der maßgebenden Bezugssätze) zurückverwiesen.

 

Hinweis

Die Milchabgabevorschriften, mit denen die Überschreitung der für jeden Milcherzeuger festgelegten sog. Referenzmenge mit einer Abgabe belegt wurde, sind mit dem Ende des Zwölfmonatszeitraums 2014/2015 aufgehoben worden. Im Streitfall geht es um die rechtlichen Nachwehen der früheren Milchmarktordnung. Manche Milcherzeuger waren nicht in der Lage, die für vergangene Wirtschaftsjahre festgesetzte Milchabgabe in einer Summe zu entrichten, weshalb ihnen Stundung und Ratenzahlung bewilligt wurde.

Für die Berechnung von Zinsen auf den gestundeten Betrag gab (und gibt) es im Unionsrecht mit Art. 15 Abs. 2 VO Nr. 595/2004 eine Vorschrift, der zufolge auf den geschuldeten Betrag Jahreszinsen erhoben werden, deren am 1. Oktober jedes Jahres gültiger dreimonatiger Bezugssatz für jeden Mitgliedstaat gemäß Anhang II festgesetzt und um einen Prozentpunkt erhöht wird. Der Bezugssatz für Deutschland ist gemäß vorgenanntem Anhang II der EURIBOR.

Im Streitfall hatte das HZA Zinsen für den gesamten Ratenzahlungszeitraum Oktober 2008 bis zu seinem erwarteten Ende Mai 2022 nach dem am 1.10.2008 geltenden, um einen Prozentpunkt erhöhten Bezugssatz EURIBOR berechnet und das FG hatte die Berechnung (jedenfalls insoweit) gebilligt. Diese Art der Zinsberechnung war natürlich für die Klägerin außerordentlich ungünstig, weil der EURIBOR seit Oktober 2008 ins Bodenlose gestürzt ist.

Der BFH ist dem HZA und dem FG nicht gefolgt, sondern hat Art. 15 Abs. 2 VO Nr. 595/2004 in Anbetracht seines Wortlauts ("am 1. Oktober jedes Jahres") dahin ausgelegt, dass im Fall eines mehrere Jahre umfassenden Zinszeitraums der am 1. Oktober eines jeden Jahres gültige Bezugssatz für den anzuwendenden Zinssatz maßgebend ist.

Den übrigen gegen die Zinsforderung dem Grunde nach erhobenen Einwendungen der Klägerin (Zinsforderung sei gegenüber der Molkerei geltend zu machen; der EU sei kein Zinsschaden entstanden) ist der BFH dagegen nicht gefolgt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.11.2017 – VII R 10/17

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