Rz. 36

Die im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 ergriffenen Reformmaßnahmen waren mit erheblichen Steuermindereinnahmen verbunden. Zu deren Gegenfinanzierung wurden mehrere Maßnahmen ergriffen.[1] Eine dieser Gegenfinanzierungsmaßnahmen stellt die Zinsschranke dar.

 

Rz. 37

Außerdem wurde durch die Zinsschranke § 8a KStG ersetzt, der ursprünglich Vergütungen für Fremdkapital unter bestimmten Voraussetzungen in verdeckte Gewinnausschüttungen umqualifizierte. Anders als § 8a KStG erfasst die Zinsschranke neben Vergütungen, die an wesentlich beteiligte Anteilseigner bezahlt werden, sämtliche Formen der Fremdfinanzierung und somit auch die Bankenfinanzierung.[2] Dadurch, dass der gesamte Zinsaufwand eines Unternehmens erfasst wird, geht der Anwendungsbereich deutlich über den der Gesellschafter-Fremdfinanzierung hinaus.[3]

 

Rz. 38

Die Grundkonzeption der Zinsschranke betrifft die Zinsaufwendungen von konzerngebundenen Unternehmen (Umkehrschluss aus § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe b EStG) und ist folgendermaßen ausgestaltet: Unbeschränkt können Zinsaufwendungen nur bis zur Höhe der Zinserträge desselben Wirtschaftsjahrs abgezogen werden (§ 4h Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG). Übersteigen die Zinsaufwendungen die -erträge, ist der verbleibende Saldo aus Zinsaufwendungen und -erträgen (Nettozinsaufwand) nur noch i. H. v. bis zu 30 % des Gewinns vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern (steuerliches EBITDA = Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization) sofort steuerlich abzugsfähig (§ 4h Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG).

 

Rz. 39

Zinsaufwendungen, die unter Berücksichtigung der Ausführungen in Rz. 38 nicht abgezogen werden dürfen, sind darüber hinaus bis zur Höhe der EBITDA-Vorträge der fünf vorangegangenen Wirtschaftsjahre (siehe dazu § 4h Abs. 1 Satz 3 EStG) abziehbar und mindern die EBITDA-Vorträge in ihrer zeitlichen Reihenfolge, d. h. nach dem FiFo-Prinzip (§ 4h Abs. 1 Satz 4 EStG). Danach verbleibende Zinsaufwendungen sind in die nachfolgenden Wirtschaftsjahre als sogenannter Zinsvortrag zeitlich unbeschränkt vorzutragen (§ 4h Abs. 1 Satz 5 EStG). Dementsprechend erhöhen sie die Zinsaufwendungen dieser Jahre, wirken sich aber nicht auf den für den Zinsabzug maßgeblichen Gewinn aus, d. h. sie erhöhen nicht das steuerliche EBITDA (§ 4h Abs. 1 Satz 6 EStG).

 

Rz. 40

Von der Anwendung dieser Grundkonzeption gibt es – neben der Konzernzugehörigkeit – zwei weitere Escape-Klauseln: Beträgt der Nettozinsaufwand weniger als 3 Mio. EUR, erfolgt keine Beschränkung der Zinsaufwendungen (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe a EStG). Hierbei handelt es sich um eine Freigrenze, d. h. wird die Grenze auch nur marginal überschritten, unterliegt der Zinsaufwand in voller Höhe dem Anwendungsbereich der Zinsschranke.

Die Rechtsfolgen der Zinsschranke können außerdem vermieden werden, wenn in einem Eigenkapitalvergleich nachgewiesen wird, dass die Eigenkapitalquote des jeweiligen Unternehmens (das Steuerrecht spricht hier von einem "Betrieb") am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtages gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c Satz 1 EStG). Im Rahmen dieser Klausel ist es unschädlich, wenn die Eigenkapitalquote des Konzerns um bis zu zwei Prozentpunkte unterschritten wird (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c Satz 2 EStG).

 

Rz. 41

Wie bereits angedeutet, kommt die Zinsschranke neben der Grundkonzeption gem. § 8a KStG unter Umständen auch bei konzernungebundenen Kapitalgesellschaften zur Anwendung. Die Zinsschranke ist gem. § 8a Abs. 2 KStG i. V. m. § 4h EStG unabhängig von einer Konzernzugehörigkeit anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital an einen bestimmten Gesellschafterkreis (zu mehr als 25 % Beteiligte, nahestehende Personen, rückgriffsberechtigte Dritte) mehr als 10 % der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen betragen (Fälle einer sogenannten "schädlichen Gesellschafter-Fremdfinanzierung"). Außerdem ist die Anwendung der Escape-Klausel an die Voraussetzung geknüpft, dass kein dem Konzern zugehöriger Rechtsträger eine solche schädliche Gesellschafter-Fremdfinanzierung durchgeführt hat (§ 8a Abs. 3 KStG i. V. m. § 4h EStG).

 

Rz. 42

Die Beschränkung des Abzugs von Zinsaufwendungen führt im selben Jahr zu einer temporären Mehrbelastung (mit einem negativen Steuerstundungseffekt). Diese temporäre Mehrbelastung mündet in eine endgültige Mehrbelastung, falls es nicht gelingt, das Verhältnis von steuerlichem EBITDA zum Nettozinsaufwand zugunsten des EBITDA zu erhöhen,[4] wenn also in künftigen Jahren keine Möglichkeit besteht, die vorgetragenen Zinsaufwendungen steuerlich geltend zu machen.

Die Belastung wird außerdem endgültig, wenn ein nicht verbrauchter Zinsvortrag (anteilig) untergeht. Dies ist der Fall, wenn das jeweilige Unternehmen aufgegeben, umgewandelt oder übertragen wird (§ 4h Abs. 5 Satz 1 EStG). Außerdem geht ein nicht verbrauchter Zinsvortrag (anteilig) unter, wenn ein Mitunternehmer einer Personenhandelsgesellschaft aus dieser Gesellschaft ausscheidet (§ 4h Abs. 5 Satz...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge