Leitsatz

1. Wurden in der Bundesrepublik Deutschland sichergestellte in das Zollgebiet der Union geschmuggelte Zigaretten über einen nicht bekannten anderen Mitgliedstaat in das deutsche Steuergebiet verbracht, hat die deutsche Zollverwaltung neben dem auf die Tabakwaren entfallenden Zoll und der Tabaksteuer auch die Einfuhrumsatzsteuer festzusetzen.

2. In diesem Fall ist die deutsche Einfuhrumsatzsteuer erst nach dem unzulässigen Verbringen der Tabakwaren in das deutsche Steuergebiet entstanden mit der Folge, dass die entstandene Tabaksteuer der Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer hinzuzurechnen ist.

 

Normenkette

Art. 202, Art. 215 Abs. 1 Anstrich 2 ZK, § 11 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 21 Abs. 2 UStG

 

Sachverhalt

Zigaretten ohne Steuerzeichen waren bei einer Durchsuchung gefunden worden. Der Fahrzeugführer bzw. Wohnungsinhaber gab dazu an, er habe die Zigaretten von einem ihm nur mit Vornamen bekannten Dritten erhalten, um sie mit seinem Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Parkplatz zu bringen, das Fahrzeug dort stehen und den Fahrzeugschlüssel auf dem Vorderreifen liegen zu lassen. Das HZA hat gegen ihn Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Tabaksteuer festgesetzt.

 

Entscheidung

Der Abgabenbescheid ist rechtmäßig.

 

Hinweis

1. Nach Art. 202 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbracht wird. Das FG (FG Bremen, Urteil vom 23.3.2011, 4 K 120/08 (2)) hatte das aus dem Umstand gefolgert, dass die Zigarettenschachteln keine Steuerzeichen aufwiesen. Das lässt den Schluss zu, dass sie aus einem Drittland – irgendwo – in die Union verbracht worden sind, ohne sie zu einer Zollstelle zu befördern und sie dort zu gestellen (Art. 202 Abs. 1 Unterabs. 2, Art. 38 Abs. 1, Art. 40 ZK).

Die Abgabenerhebungszuständigkeit gerade des deutschen Zolls ergibt sich aus Art. 217 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 215 Abs. 3 ZK.

Die Befugnis zur Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer folgt grundsätzlich der Befugnis zur Erhebung des Zolls.

2. Die auf die Zigaretten entfallende Tabaksteuer ist bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer (§ 11 Abs. 1 UStG) zu berücksichtigen. Nach § 11 Abs. 3 Nr. 2 UStG sind die aufgrund der Einfuhr im Zeitpunkt des Entstehens der Einfuhrumsatzsteuer auf den Gegenstand entfallenden Beträge an (u.a.) Verbrauchsteuern der Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer hinzuzurechnen. Da es sich hierbei um eine Vorschrift zur Bestimmung der Bemessungsgrundlage für die deutsche Einfuhrumsatzsteuer handelt, ist allein der Zeitpunkt des Entstehens der deutschen Einfuhrumsatzsteuer maßgeblich. Daher kommt nicht der Zeitpunkt der Einfuhr der Zigaretten in den Mitgliedstaat in Betracht, über den die Zigaretten in die Union gelangt sind.

3. Tabaksteuerschuldner ist nach § 19 Satz 2 TabStG (u.a.) der Empfänger der Tabakwaren, sobald er Besitz an ihnen erlangt hat. "Empfänger" i.S. dieser Vorschrift ist derjenige, der im Steuergebiet Tabakwaren in Empfang nimmt, indem er seine Sachherrschaft an ihnen begründet. Ob Begründung von Sachherrschaft nach Abschluss des Verbringungs- bzw. Versendungsvorgangs ausreicht (verneinend BGH, Urteil vom 2.2.2010, 1 StR 635/09, Neue Zeitschrift für Strafrecht 2010, 644), konnte der BFH im Besprechungsfall offen lassen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.5.2012 – VII R 51/11

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