Leitsatz

Die Zahlung eines Grundstückseigentümers an seinen Nachbarn für eine Zufahrtsbaulast kann zu Anschaffungskosten des Grund und Bodens auch dann führen, wenn damit ein zweiter Zugang zum Grundstück eröffnet wird.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, § 255 Abs. 1 HGB

 

Sachverhalt

K begann im Streitjahr damit, das auf seinem Grundstück in H befindliche Gebäude zu einer Passage (sechs Geschäftslokale und ein Restaurant) umzubauen. Das Projekt wurde im Jahr 2007 fertig gestellt und dient seither dazu, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Die Bauaufwendungen führten zu Herstellungskosten des Gebäudes.

Das an einer Fußgängerzone gelegene Grundstück grenzte rückseitig an ein Grundstück der Stadt H. Um den Anlieferverkehr zur Passage nicht durch die Fußgängerzone führen zu müssen und um einen weiteren Kundenzugang zu schaffen, bemühte sich K um eine rückseitige Verbindung über das städtische Grundstück, was ihm auch gelang: Zugunsten seines Grundstücks wurde eine Zufahrtsbaulast über einen Teil des städtischen Grundstücks eingetragen. K zahlte der Stadt H für das Einräumen des Zufahrtsrechts einmalig 7 125 EUR, die er zusammen mit der entstandenen Gebühr von 342 EUR als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machte.

Das FA erkannte diese Aufwendungen nicht als Werbungskosten an. Nach der Würdigung des FG handle es sich um nicht abziehbare Anschaffungskosten des Grund und Bodens (Niedersächsisches FG, Urteil vom 20.10.2009, 15 K 472/08, Haufe-Index 2300197, EFG 2010, 565). K habe mit der Stadt H die zeitlich unbegrenzte Nutzung einer Teilfläche des städtischen Grundstücks als Zufahrt zu dem Grundstück vereinbart.

 

Entscheidung

Der BFH billigte diese Würdigung: Bei fremdgewerblich zu verwendenden Grundstücks bedeutet dieser zweite, rückseitige Zugang einen erleichterten Zulieferverkehr und einen zusätzlichen Kundenzugang, und dies ganz unabhängig davon, in welcher Weise das Grundstück tatsächlich bebaut ist oder wird. Die öffentlich-rechtliche Baulast zugunsten des Grundstücks führt zu einem zeitlich unbegrenzten Nutzungsrecht bezogen auf eine Teilfläche des städtischen Grundstücks als Zufahrt zum Grundstück des K.

Es handelt sich auch nicht – wie Hof- und Platzbefestigungen oder eine Zufahrt – um ein selbstständiges Wirtschaftsgut. Vielmehr dient das Nutzungsrecht nur dem herrschenden Grundstück des K zur Gewährleistung des Zu- und Abgangsverkehrs.

 

Hinweis

Die steuerrechtliche Behandlung von Erschließungskosten ist eigentlich durch die ständige Rechtsprechung geklärt. Was die Besonderheiten dieses Urteils anbelangt, so ist es die Übertragung der Rechtsprechungsgrundsätze in eine Subsumtion unter § 255 Abs. 1 HGB. Denn was zu den Anschaffungskosten einer Immobilie rechnet, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 1 HGB. Danach sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen (§ 255 Abs. 1 S. 1 HGB). Zu den solcherart definierten Anschaffungskosten gehören auch die nachträglichen Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 S. 2 HGB)

1. Nach der ständigen Rechtsprechung gilt: Wird mit Erschließungsmaßnahmen das Grundstück in einen betriebsbereiten Zustand versetzt, sind die dadurch verursachten Aufwendungen den Anschaffungskosten von Grund und Boden zuzurechnen.

2. Der Erwerber bestimmt den Zweck des Grundstücks und damit, in welcher Weise es genutzt werden soll (vgl. "um ... zu" in § 255 Abs. 1 HGB). Zweck bedeutet nicht nur, dass das Wirtschaftsgut zur Erzielung von Einkünften im Rahmen einer bestimmten Einkunftsart genutzt werden soll, mithin betriebsbereit wäre, wenn es dafür überhaupt einsetzbar ist. Zweck bedeutet vielmehr auch die konkrete Art und Weise, in der der Erwerber das Grundstück zur Erzielung von Einnahmen im Rahmen einer Einkunftsart nutzen will. In Bezug auf den Grund und Boden wird dessen Betriebsbereitschaft allein durch seinen Zustand und deshalb durch grundstücksbezogene Kriterien bestimmt, insbesondere durch Größe, Lage, Zuschnitt, Erschließung und Grad der Bebaubarkeit.

Solange diese Merkmale unverändert bleiben, bleibt es auch der Zustand dieses Wirtschaftsguts, sodass es am "Versetzen" des Grund und Bodens in einen betriebsbereiten Zustand fehlt. Deshalb führen nachträgliche Erschließungskosten, die anfallen, weil vorhandene Erschließungseinrichtungen ersetzt oder modernisiert werden, nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten. Hier ändert sich der Zustand des Grundstücks nicht. Es war bereits erschlossen; in diesem Zustand verbleibt es und wird nicht erst durch die Maßnahme des Erwerbers dort hinein"versetzt".

3. Kommt es nicht darauf an, ob die Erschießung in zivilrechtlichem oder öffentlich-rechtlichem Gewand vorgenommen wird, so ist allein entscheidend, ob die Erschließung die Nutzbarkeit des Grund und Bodens unabhängig von der Bebauung des Grundstücks und dem Bestand von auf dem Grund...

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