Rz. 145

Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt an die Stelle der Kürzung nach Satz 1 der Norm "auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen […], die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt". Nach ständiger Rechtsprechung ist das Ausschließlichkeitserfordernis dabei in qualitativer, quantitativer und zeitlicher Hinsicht zu betrachten.[1] Kürzungsunschädlich ist dabei, wenn die Veräußerung mit Ablauf des letzten Tages des Erhebungszeitraums, also zum 31.12., 23:59 Uhr, erfolgt, womit das Ausschließlichkeitskriterium lediglich für eine logische Sekunde nicht gewährleistet wäre.[2] Fraglich ist nun jedoch, ob in dem Fall, dass die Grundbesitzgesellschaft ein vom Erhebungszeitraum abweichendes Wirtschaftsjahr hat, die Übertragung in der letzten Sekunde des ablaufenden Wirtschaftsjahres oder in der letzten Sekunde des Erhebungszeitraums maßgebend ist.[3]

 

Rz. 146

Gemäß den Ausführungen in Rz. 138 ff. leitet sich der Gewerbeertrag nach den Vorschriften des Einkommen- und des Körperschaftsteuergesetzes, korrigiert um die sich aus den §§ 8, 9 GewStG ergebenden Beträge, ab. Obwohl Erhebungszeitraum der Gewerbesteuer das Kalenderjahr ist (§ 14 Satz 2 GewStG), ist auch bei der Gewerbesteuer bei abweichendem Wirtschaftsjahr das Wirtschaftsjahrprinzip einschlägig (§ 10 Abs. 2 GewStG).[4] Eine unterschiedliche Behandlung dahingehend, dass für die einkommen- und/oder körperschaftsteuerliche Ausgangsgröße das Wirtschaftsjahrprinzip zu beachten ist, während für die gewerbesteuerlichen Modifikationen aber auf den Erhebungszeitraum abzustellen ist, wäre nicht zutreffend, da sich § 10 Abs. 2 GewStG auf den Gewerbeertrag im Gesamten bezieht. Dies kann auch aus dem Wortlaut des Einleitungssatzes aus § 8 GewStG abgeleitet werden.[5] Dieser Auffassung steht auch § 20 Abs. 1 Satz 2 GewStDV, der für die Frage der Betriebsvermögenszugehörigkeit des Grundbesitzes eine Prüfung zu Beginn des Kalenderjahres verlangt, nicht entgegen, da sich dieser auf die Kürzung aus § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG beziehe.[6] Damit wäre eine Veräußerung auch zum Ende des Wirtschaftsjahres für die Kürzung unschädlich.[7]

[3] Ersteres befürwortend Gosch, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 9 GewStG Rz. 76, Stand: 11/2020; Mensching, DStR 2013, S. 2097 ff.; Roser, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 131, Stand: 2/2021; Wagner, Ubg 2014, S. 183 ff.; letzteres befürwortend FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 12.12.2012, 12 K 12280/11, EFG 2013 S. 1420.
[4] Vgl. Drüen, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 7 GewStG Rz. 62, Stand: 11/2020.
[5] Vgl. Mensching, DStR 2013, S. 2099.
[6] Vgl. Mensching, DStR 2013, S. 2099.
[7] Dies entspricht bereits der Auffassung des FG Saarland, Urteil v. 24.10.1967, 535/66, EFG 1968 S. 141.

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