Rz. 135

Bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr fallen Gewinnermittlungs- und Veranlagungszeitraum auseinander, wobei bei Gewerbetreibenden in diesem Fall der Gewinn des Wirtschaftsjahres in dem Kalenderjahr als bezogen gilt, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG). Enden in einem Kalenderjahr nun mehrere Wirtschaftsjahre, so sind die zusammengefassten gewerblichen Einkünfte dieser Wirtschaftsjahre maßgebend und in einem gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid zu erfassen, auch wenn sich der Gewinnermittlungszeitraum dadurch über mehr als 12 Monate erstreckt.[1]

 

Rz. 136

Die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der gewerblichen Einkünfte umfasst grundsätzlich auch dann ein volles Wirtschaftsjahr, wenn ein Gesellschafter während des Wirtschaftsjahres aus der Personengesellschaft ausscheidet und diese anschließend von den verbleibenden Gesellschaftern fortgeführt wird.[2] Dies ist darin begründet, dass die Gesamthandsgemeinschaft der verbleibenden Gesellschafter weiter Inhaber der Rechte und Pflichten der Gesellschaft ist und das gewerbliche Unternehmen fortbesteht, sodass die Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres nicht erforderlich ist.[3] Das gilt auch dann, wenn mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters ein Rechtsformwechsel einhergeht, bei dem die Identität des Unternehmens gewahrt bleibt (z. B. Wechsel von OHG zu KG).[4] Durch einen Gesellschafterwechsel, den Beitritt weiterer oder den Austritt einzelner Gesellschafter in bzw. aus einer Personengesellschaft wird das Wirtschaftsjahr der Gesellschaft demnach grundsätzlich nicht berührt, sodass auch keine Schluss- und Eröffnungsbilanzen aufzustellen sind.[5] Unerheblich ist dabei auch die Dauer der Zugehörigkeit des ausgeschiedenen Gesellschafters zu der Personengesellschaft in dem betreffenden Wirtschaftsjahr.[6]

 

Rz. 137

Scheidet ein Gesellschafter aus einer Personengesellschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr aus, ist die zeitliche Zurechnung des Gewinns problematisch, was anhand des nachstehenden Beispiels verdeutlicht werden soll.

 
Praxis-Beispiel

An einer OHG sind die Gesellschafter X, Y und Z zu jeweils 1/3 beteiligt. Die OHG ermittelt ihren Gewinn nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr (1.7.01 – 30.6.02). Zum 30.9.01 scheidet Z altersbedingt aus der OHG aus. Ist der dem Z zuzurechnende laufende Gewinn im Jahr 01 oder im Jahr 02 zu versteuern?

Der Austritt von Z lässt das Wirtschaftsjahr der OHG grundsätzlich unberührt. Für die Zeit vom 1.7.01 bis zum 30.9.01 ist kein Rumpfwirtschaftsjahr zu bilden; der Gewinnermittlungszeitraum ist nach wie vor das Wirtschaftsjahr 01/02. Fraglich ist aber, ob der auf Z entfallende Gewinnanteil und der bei ihm anfallende Veräußerungsgewinn im Jahr 01 oder im Jahr 02 zu versteuern sind. Die Rechtsprechung, die Verwaltung und die h. M. in der Literatur sind in diesem Fall der Ansicht, dass sowohl der Anteil am laufenden Gewinn als auch der Veräußerungsgewinn im Kalenderjahr des Ausscheidens zu erfassen sind (vorliegend also im Jahr 01).[7]

Der BFH geht an dieser Stelle davon aus, dass § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG beim Ausscheiden eines Mitunternehmers keine Anwendung findet. Der Gewinnerzielungszeitraum des Mitunternehmers werde vielmehr durch den Einkünfteerzielungszeitraum bestimmt, der indes durch die Dauer der Beteiligung begrenzt sei und der mit dem Ausscheiden ende; mit dem Wegfall der Einkunftsquelle ende folglich auch der Gewinnbezug. Die Zuordnung des Gewinns zum Kalenderjahr, in dem der Gesellschafter tatsächlich ausscheidet, erfolge im Ergebnis selbst dann, wenn sich der Gewinnanteil erst aus den Umständen berechnen lässt, die im zweiten Teil des Wirtschaftsjahrs, mithin im zweiten Kalenderjahr entstehen.[8]

Abweichend von dieser herrschenden Meinung wird teilweise allerdings auch die Ansicht vertreten, dass der Gewinn nicht im Jahr des Ausscheidens, sondern stets im zweiten Kalenderjahr (im vorliegenden Beispiel also im Jahr 02) zu erfassen sei, da es für die von § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG abweichende gesellschafterbezogene Betrachtungsweise an einer entsprechenden Rechtsgrundlage fehle.[9] Schließlich ist noch anzumerken, dass der BFH kürzlich auch entschieden hat, dass einem unterjährig eintretenden Gesellschafter ein Ergebnisanteil für Zeiträume zugewiesen werden darf, in denen er noch nicht Gesellschafter und damit auch nicht an der Einkünfteerzielung beteiligt war (allerdings mit der Besonderheit, dass diese Art der Ergebnisverteilung bereits vor Beginn des Geschäftsjahrs bei Abschluss des Kaufvertrags und damit für die Zukunft vereinbart wurde).[10] In diesem Fall wurde der Einkünfteerzielungszeitraum aber gerade nicht strikt durch die Dauer der Beteiligung begrenzt.

[2] Vgl. BFH, Urteil v. 24.11.1988, IV R 252/84, BStBl 1989 II S. 312. Zum Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters sowie zum Eintritt eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen siehe Rz. 39.

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