Rz. 100

Anders als laufende Gewinne sind Veräußerungsgewinne i. S. d. § 14 EStG nicht auf verschiedene Kalenderjahre aufzuteilen, sondern vielmehr dem Gewinn desjenigen Kalenderjahres hinzuzurechnen, in dem sie entstanden sind (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG). Hintergrund dieser Regelung ist, dass Veräußerungsgewinne willentlich entstehen, i. d. R. ermittlungs- und tarifbegünstigt besteuert werden und die Begünstigungen i. S. d. §§ 14, 16 Abs. 4, 34 EStG i. d. R. nur in einem Veranlagungszeitraum gewährt werden, sodass es für eine Aufteilung auch kein Bedürfnis gibt.[1] Für den Fall, dass sich eine Betriebsaufgabe über 2 Kalenderjahre erstreckt und der Aufgabegewinn insoweit in 2 Veranlagungszeiträumen anfällt, kann an dieser Stelle noch erwähnt werden, dass der Freibetrag gem. § 16 Abs. 4 EStG dann entsprechend aufzuteilen ist und die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG auf Antrag ausnahmsweise in beiden Veranlagungszeiträumen in Anspruch genommen werden kann.[2] Von der Regelung, dass Veräußerungsgewinne nicht auf verschiedene Kalenderjahre aufzuteilen sind, sind zunächst Veräußerungsgewinne i. S. d. § 14 EStG, d. h. die Gewinne aus der Veräußerung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, Teilbetriebs oder eines Anteils an einem land- oder forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen erfasst. Aufgrund der Verweisung von § 14 Satz 2 EStG auf § 16 EStG sind auch (Teil-)Betriebsaufgabegewinne (§ 16 Abs. 3 EStG) erfasst.[3] Mit Blick auf den Zeitpunkt, zu dem der Gewinn aus der Veräußerung eines landwirtschaftlichen Betriebs realisiert wird, ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass sich dieser weder nach dem Datum des Vertragsschlusses, noch nach dem Übergang des zivilrechtlichen Eigentums, noch nach dem Tag der Kaufpreiszahlung, sondern allein nach dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Erwerber bestimmt, was beim Übergang von Grundstücken der Abschluss des notariell beurkundeten Vertrags ist.[4]

Nach Auffassung von Schober sind ferner auch Umwandlungsgewinne auszuscheiden, die z. B. bei der Einbringung von land- und forstwirtschaftlichem Betriebsvermögen in eine Personengesellschaft (§ 24 UmwStG) oder in eine Kapitalgesellschaft (§ 20 UmwStG) entstehen, wenn das Betriebsvermögen nicht zum Buchwert, sondern zum gemeinen Wert oder einem sog. Zwischenwert angesetzt wird, wobei an dieser Stelle anzumerken ist, dass der Freibetrag gemäß § 16 Abs. 4 EStG und die Tarifermäßigungen nach § 34 Abs. 1, 3 EStG nur beim Ansatz des gemeinen Werts, nicht aber beim Ansatz von Zwischenwerten in Anspruch genommen werden können (§§ 20 Abs. 4, 24 Abs. 3 UmwStG).[5]

 

Rz. 101

 
Praxis-Beispiel

Der Buch führende Landwirt R mit einem Wirtschaftsjahr vom 1.7.–30.6. des Folgejahres hat folgende Gewinne erzielt:

 
für das Wirtschaftsjahr 00/01 = 32.600 EUR
für das Wirtschaftsjahr 01/02 = 53.300 EUR

Im Gewinn für das Wirtschaftsjahr 01/02 ist ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn i. S. d. § 14 EStG in Höhe von 18.700 EUR enthalten. Dieser Veräußerungsgewinn ist am 31.3.02 entstanden.

Der im Veranlagungszeitraum 01 zu erfassende Gewinn ist wie folgt zu berechnen:

 
6/12 von 32.600 EUR = 16.300 EUR
6/12 von 34.600 EUR
(53.300 EUR abzüglich 18.700 EUR)
= 17.300 EUR
  = 33.600 EUR

Der Veräußerungsgewinn von 18.700 EUR (§ 14 EStG) ist erst im Veranlagungszeitraum 02 zu erfassen (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG).

 

Rz. 102

Nach diesem Grundsatz ist daher auch der Gewinn aus der Veräußerung eines forstwirtschaftlichen Teilbetriebs in dem Kalenderjahr zu versteuern, in dem er entstanden ist, selbst wenn eine zeitanteilige Aufteilung entsprechend dem laufenden Gewinn des Wirtschaftsjahres wegen der zu gewährenden Steuerermäßigung nach § 34b EStG steuerlich günstiger wäre.[6]

 

Rz. 103

Ein Gewinn aus der Veräußerung oder Entnahme einzelner Wirtschaftsgüter ist jedoch als laufender Gewinn zu behandeln (und zwar auch dann, wenn die aufgedeckten stillen Reserven erheblich sind), sodass insoweit eine zeitanteilige Verteilung auf die Kalenderjahre stattfindet.[7] Eine zeitanteilige Aufteilung ist darüber hinaus auch für solche Gewinne durchzuführen, die nach §§ 14 Satz 2 i. V. m. 16 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 5 EStG als laufende Gewinne gelten.[8] Auch die Erträge und Aufwendungen aus sonstigen außergewöhnlichen Vorgängen (z. B. Teilwertabschreibungen und entsprechende Wertaufholungen) sind nicht auszusondern, sondern aufzuteilen.

 

Rz. 104

Verluste aus der Betriebsveräußerung oder -aufgabe sollten u. E. über den Wortlaut der Norm hinaus im Wege der teleologischen Extension ebenfalls im Jahr ihrer Entstehung berücksichtigt und demnach nicht zeitanteilig auf die einzelnen Kalenderjahre verteilt werden.[9] Außerdem sind auch Versicherungsentschädigungen, die für die Zerstörung eines Wirtschaftsguts des Anlagevermögens durch höhere Gewalt geleistet werden, als laufender (Sonder-)Gewinn zu erfassen und entsprechend aufzuteilen (soweit dieser nicht durch eine Rücklage für Ersatzbeschaffung neutralisiert wird; R 6.6 EStR).[10] Betreffend die Rücklage für...

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