Rz. 82

Bei Gewerbetreibenden, die im Handelsregister eingetragen sind, ist die Umstellung des Wirtschaftsjahres auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum nur dann wirksam, wenn sie im Einvernehmen mit dem Finanzamt erfolgt (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 EStG, § 8b Abs. 2 Satz 2 EStDV und § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG). Dies trifft auch bei der Umstellung eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres auf ein anderes vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr zu. Der Begriff "Einvernehmen" bedeutet an dieser Stelle vorherige Zustimmung oder nachträgliche Genehmigung.[1] Diese Zustimmung ist in den vorgenannten Fällen erforderlich, da die Umstellung der Wirtschaftsjahre auf solche, die nicht mit dem Kalenderjahr übereinstimmen, eine Gewinnverlagerung ermöglicht, sodass diese Vorgänge einer finanzbehördlichen Prüfung unterstellt werden sollen;[2] damit dient das Zustimmungserfordernis auch der Missbrauchsvermeidung.[3]

 

Rz. 83

Einer Zustimmung bedarf es auch für die Umstellung vom Kalenderjahr auf das Wirtschaftsjahr, das nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG oder nach § 8c Abs. 1 EStDV üblich ist, wenn ein Land- und Forstwirt sein Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr (§ 8c Abs. 2 Satz 1 EStDV) z. B. auf die Zeit vom 1.7-30.6 umstellt.[4]

 

Rz. 84

Ein Einvernehmen mit dem Finanzamt ist hingegen nicht erforderlich, wenn ein Gewerbetreibender sein abweichendes Wirtschaftsjahr auf das Kalenderjahr umstellen will. Diese Umstellung kann jederzeit vorgenommen werden. Ebenfalls nicht nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 EStG zustimmungspflichtig ist die Wahl eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres bei erstmaliger Festlegung des Wirtschaftsjahres, wie bei der Neueröffnung eines Betriebs (in diesem Fall mangelt es an einer "Umstellung").[5] Als nicht zustimmungsbedürftige, erstmalige Festlegung eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres gelten zudem folgende Vorgänge:

  • der entgeltliche und teilentgeltliche Erwerb eines Betriebs;
  • der unentgeltliche Erwerb eines Betriebs durch Rechtsgeschäft, z. B. im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, auch wenn der Rechtsnachfolger die Buchwerte des Vorgängers fortführt (§ 6 Abs. 3 EStG);[6]
  • die Einbringung eines Einzelunternehmens in eine neu gegründete Personengesellschaft; der Zeitpunkt der Einbringung ist das Ende des Wirtschaftsjahres des bisherigen Einzelunternehmens und der Beginn des ersten Wirtschaftsjahres der neu gegründeten Personengesellschaft;[7]
  • ein als Personengesellschaft geführter Betrieb wird nach Ausscheiden der Mitgesellschafter als Einzelunternehmen fortgeführt; darin liegt die Eröffnung eines neuen Betriebs mit der Folge, dass das Wirtschaftsjahr der Personengesellschaft im Zeitpunkt der Umwandlung endet und das erste Wirtschaftsjahr des Einzelunternehmens beginnt;[8]
  • die Aufgabe des bisherigen Betriebs und Eröffnung eines neuen Betriebs; es darf sich dabei jedoch nicht um eine Betriebsunterbrechung handeln;[9]
  • ein Steuerpflichtiger, der bereits Inhaber eines Betriebs ist, erwirbt einen weiteren Betrieb und wählt für diesen Betrieb ein anderes Wirtschaftsjahr als der Rechtsvorgänger (R 4a Abs. 1 Satz 1 EStR); Voraussetzung ist, dass kein einheitlicher Betrieb gebildet wird, für den dann das Wirtschaftsjahr des bisherigen Betriebs fortbesteht;[10]
  • die Bestellung eines Nießbrauchs an einem Unternehmen; hier liegt für den Nießbraucher eine Betriebseröffnung vor, da durch die Nießbrauchsbestellung 2 Betriebe entstehen.[11]
 

Rz. 85

Das Einvernehmen kann ausdrücklich bereits vor der Umstellung oder konkludent durch Einreichen des nach dem umgestellten Wirtschaftsjahr aufgestellten Jahresabschlusses respektive der entsprechenden Steuererklärung beantragt werden. Es ist dem Steuerpflichtigen jedoch zu empfehlen, sich möglichst frühzeitig um das Einvernehmen zu bemühen, auch um nicht das Risiko des Mehraufwands einzugehen, den Gewinn erneut zu ermitteln, wenn er nicht geschätzt werden will.[12] Da das Einvernehmen auch konkludent mit dem Einreichen der Steuererklärung beantragt werden kann, kann die Zustimmung folglich auch noch nach Ablauf des Wirtschaftsjahres erfolgen. Insbesondere ist auch keine Frist für die Beantragung vorgesehen, sodass die Zustimmung auch nicht mit dem Argument versagt werden sollte, dass das Einvernehmen zu spät beantragt worden wäre.[13] Der erforderliche Antrag ist demnach weder form- noch fristgebunden.[14]

 

Rz. 86

Zur Sachverhaltsermittlung muss der Steuerpflichtige beachtliche, in der Betriebsorganisation gelegene Gründe darlegen, die eine Umstellung des Wirtschaftsjahrs rechtfertigen.[15] Hierzu kommen z. B. in Betracht:

  • die Angabe von Inventurschwierigkeiten,[16]
  • die Vermeidung von Rumpfgeschäftsjahren,[17]
  • die Teilnahme an einer Betriebsvergleichsrechnung (Vergleich mit anderen Unternehmen der gleichen Branche),[18]
  • die Rationalisierung des Betriebs,[19]
  • die Abstimmung mit dem Wirtschaftsjahr des Verpächters (Betriebsverpachtung/Betriebsaufspaltung),[20]
  • Begründung oder Beendigung eines Organschaftsverhältnisses,[21]
  • die...

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