Rz. 25

Anders als beim Jahresabschluss wird der Stichtag für den Konzernabschluss nicht gesondert durch Gesetz oder gar durch Festlegung in der Satzung respektive dem Gesellschaftsvertrag festgelegt; auch § 299 Abs. 1 HGB bestimmt nicht das Konzerngeschäftsjahr.[1] Vielmehr ergibt sich aus § 299 Abs. 1 HGB, der den Gleichlauf des Stichtags des Mutterunternehmens für den Jahres- und den Konzernabschluss fordert, dass auch das Konzerngeschäftsjahr hinsichtlich seiner Dauer auf 12 Monate beschränkt ist, weshalb ein gesonderter Verweis auf § 240 Abs. 2 Satz 2 HGB entbehrlich ist.[2] Damit zieht eine Änderung des Stichtags für den Jahresabschluss der Mutterunternehmung auch gleichzeitig eine Änderung des Konzerngeschäftsjahres nach sich, sodass es zu einem Konzern-Rumpfgeschäftsjahr kommt, woraus ferner folgt, dass jede zulässige Umstellung des Jahresabschluss-Stichtages auch ein zulässiger Wechsel des Konzernabschluss-Stichtags darstellt.[3]

In seiner alten Fassung gewährte § 299 HGB noch 3 Alternativen zur Festlegung des Konzerngeschäftsjahres:

  • das Geschäftsjahr des Mutterunternehmens,
  • das Geschäftsjahr der bedeutendsten in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen oder
  • das Geschäftsjahr der Mehrzahl der in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen.

Durch seine Änderung infolge des Gesetzes zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (TransPuG)[4] wurde § 299 Abs. 1 HGB für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2002 beginnen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 EGHGB), jedoch dahingehend eingeschränkt, dass der Konzernabschluss nun auf den Stichtag des Jahresabschlusses des Mutterunternehmens aufzustellen ist. Dies stellt die aktuelle und seit dem Jahr 2003 geltende Rechtslage dar, wenngleich dies bereits vorher die vorherrschende Praxis war; Abweichungen von dieser Praxis waren im Konzernabschluss anzugeben und zu begründen.

 

Rz. 26

Obwohl aus der Fiktion der rechtlichen Einheit des Konzerns (§ 297 Abs. 3 Satz 1 HGB) grundsätzlich abgeleitet werden kann, dass die Jahresabschlüsse der in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen auf einen einheitlichen Stichtag aufzustellen sind, geht dies aus der einschlägigen Vorschrift des § 299 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht hervor. Danach sollen die Jahresabschlüsse der in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen (bloß) auf den Stichtag des Konzernabschlusses – also auf den des Mutterunternehmens – aufgestellt werden. Eine explizite Verpflichtung hierzu geht aus dem Gesetz jedoch nicht (mehr) hervor.[5] § 299 Abs. 2 Satz 1 HGB verkörpert im Grunde die Idealvorstellung des Gesetzgebers, wenngleich ein Abweichen davon weder an die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen gebunden ist noch einer besonderen Begründung bedarf.[6] Diese Sollvorschrift soll dem Umstand Rechnung tragen, dass bei Weltabschlüssen unter Einbeziehung von Unternehmen mit Sitz im Ausland ein einheitlicher Stichtag für alle Konzernunternehmen nicht immer sinnvoll ist oder durchgesetzt werden kann.[7] Trotz des rechtlichen Dürfens wird man aus Kostengründen und Gründen des Arbeitsaufwands wohl selten von diesem Recht Gebrauch machen; gleichwohl können einerseits sachliche Gründe für einen abweichenden Stichtag gegeben sein, z. B. bei Saisonbetrieben, und andererseits können auch Interessen von Minderheitsgesellschaftern einem einheitlichen Stichtag entgegenstehen.[8]

 

Rz. 27

Der Verzicht auf eine zwingende Vereinheitlichung der Stichtage wird in der Literatur oftmals kritisiert. So bezeichnet Heinen den einheitlichen Abschlussstichtag als eine der "wichtigsten formellen Voraussetzungen für die Aufstellung konsolidierter Abschlüsse"[9]; bei abweichenden Abschlussstichtagen verliere der Konzernabschluss an Aussagefähigkeit, da die Gefahr bestehe, dass Posten zusammengefasst werden, die sich auf unterschiedliche Zeiträume beziehen und zudem willkürlichen Gewinnverlagerungen nicht ausreichend Einhalt geboten werden könne.[10] Dies würde die Informationsfunktion des Konzernabschlusses beeinträchtigen, weshalb bei abweichenden Stichtagen entsprechende Angaben und Erläuterungen notwendig werden (§ 298 Abs. 1 HGB i. V. m. § 265 Abs. 2 Satz 2 HGB).[11]

[1] Vgl. Kraft, in Staub, HGB, 2011, § 299 HGB Rz. 9 f.
[2] Vgl. Lesser/Hachmeister, in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, Bilanzrecht Kommentar, 2020, § 299 HGB Rz. 14; Störk/Deubert, in Grottel u. a., Beck’scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 299 HGB Rz. 3.
[3] Vgl. IDW, Handelsrechtliche Konzernrechnungslegung bei unterschiedlichen Abschlussstichtagen, IDW-FN 2013, S. 217, Rz. 1; Störk/Deubert, in Grottel u. a., Beck’scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 299 HGB Rz. 3, 6.
[4] Vgl. BGBl 2002 I S. 2681.
[5] Anders noch § 331 Abs. 3 AktG a. F., in dem der Grundsatz des einheitlichen Stichtags verankert war.
[6] Vgl. Mackedanz, in Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, 11. Aufl. 2020, § 299 HGB Rz. 4.
[7] Vgl. Biener, DB 1983, Beilage Nr. 19 zu Heft 35, S. 8; Kraft, in Staub, HGB, 2011, § 299 HGB Rz. 21.
[8] Vgl. Störk/Deubert, in Grotte...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge