Nicht vorhersehbare Verzögerungen bei der Briefbeförderung durch die Post gehen jedoch nicht zulasten des Steuerpflichtigen. Niemand muss z. B. mit einem spontanen Poststreik rechnen.

Trifft eine an sich rechtzeitig, mit Rückschein übersandte Revisionsschrift aufgrund eines Poststreiks verspätet beim Gericht ein, so wird dem Kläger i. d. R. Wiedereinsetzung zu gewähren sein. Allerdings kann der Bevollmächtigte anhand des Rückscheins erkennen, dass die Revisionsschrift verspätet bei Gericht eingegangen ist. Der Ablauf der Frist für die Begründung der Wiedereinsetzung beginnt daher in diesem Fall mit dem Zugang des Rückscheins an den Prozessbevollmächtigten.

In einem solchen Fall besteht für den Prozessbevollmächtigten ein zwingender Anlass, an dem grundsätzlich gerechtfertigten Vertrauen in die normalen Postlaufzeiten der Post zu zweifeln, sodass jedenfalls nach Auffassung des BFH[1] zumindest in einer Versäumung der fristgemäßen Darlegung der Versäumungsgründe ein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden liegt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG dürfen Verzögerungen bei der Briefbeförderung oder -zustellung, die der Rechtsmittelführer nicht zu vertreten hat und auf die er auch keinen Einfluss besitzt, nicht als dessen Verschulden gewertet werden. In Fällen der Postlaufzeiten bei Inlandsbeförderung kann darauf vertraut werden, dass die von der Deutschen Post AG nach ihren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten auch eingehalten werden. In der Verantwortung des Beteiligten liegt es nur, das zu befördernde Schriftstück den postalischen Bestimmungen entsprechend und so rechtzeitig zur Post zu geben, dass es nach diesen organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen der Deutschen Post AG bei regelmäßigem Dienstablauf den Empfänger fristgerecht erreicht.[2]

Die Dauer einer Inlandsbeförderung ergibt sich aus den amtlichen Verlautbarungen der Deutschen Post AG und ist nach dem Erfahrungswissen der Gerichte grundsätzlich gerichtsbekannt.[3]

Wird die Annahme einer unterfrankierten, fristgebundenen Postsendung durch das Gericht verweigert und gelangt die Sendung infolge einer Postverzögerung erst nach Fristablauf (Wahrung der Berufungsfrist) an den Absender zurück, hat dieser die durch die vergebliche Übermittlung eingetretene Verzögerung ebenso zu verantworten wie die Risiken, die mit einer erneuten Übermittlung verbunden sind.[4]

Die Beteiligten können grundsätzlich Rechtsmittelfristen bis zum letzten Tag ausschöpfen, ohne sich insoweit rechtfertigen zu müssen. Sie sind im Rahmen der von der Deutschen Post AG verlautbarten Regellaufzeiten auch nicht gehalten, zusätzliche Vorkehrungen zur Fristwahrung zu treffen.[5] Gegen Ende der Rechtsmittelfrist obliegt es ihnen lediglich, bei Inanspruchnahme der Post eine Beförderungsart zu wählen, die – unter Berücksichtigung der normalen Postlaufzeiten – die Einhaltung der Frist gewährleistet.

Dabei sind auch bei der Überschreitung von Postlaufzeiten an die Sorgfaltspflichten bei einer Behörde dieselben Anforderungen zu stellen wie bei einem Prozessbevollmächtigten.[6]

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