Leitsatz

Wer kreditfinanzierte Wertpapierdepots unterhält und in größerem Umfang Aktien kauft und verkauft, ist nicht gewerblich tätig. Es ist schon zweifelhaft, ob er am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt. Jedenfalls wird der Rahmen einer privaten → Vermögensverwaltung nicht überschritten. Die Vermögensanlage in Wertpapieren ist – anders als bei Grundstücken – auch auf Wertveränderungen durch Zu- und Verkäufe gerichtet. Selbst eine häufige Umschichtung der → Wertpapiere und deren Kreditfinanzierung halten sich noch im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung. Eine gewerbliche Tätigkeit kann erst angenommen werden, wenn ein Büro oder eine Organisation unterhalten wird, der Markt unter Einsatz beruflicher Erfahrungen genutzt wird und Wertpapiergeschäfte einer breiteren Öffentlichkeit angeboten werden. Verluste aus Veräußerungen innerhalb der Spekulationsfrist ( → Spekulationsgeschäft ) können nur ausgeglichen werden, soweit ihnen entsprechende Gewinne gegenüberstehen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.10.1998, XI R 80/97

Anmerkung:

Der Dualismus der Einkunftsarten wird von vielen wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen für die betrieblichen und die nichtbetrieblichen Einkünfte als verfassungswidrig angesehen. Stein des Anstoßes ist vor allem die Nichterfassung der Vermögensänderungen im nichtbetrieblichen Bereich. Der Streitfall wurde seitenverkehrt geführt. Der Steuerpflichtige, der erhebliche Spekulationsverluste erlitten hatte, strebte weg von den Einkünften aus Kapitalvermögen und hin zu den → gewerblichen Einkünften , in deren Rahmen die Verluste zu berücksichtigen gewesen wären. Der XI. Senat des BFH hat demgegenüber an der in seinem Urteil v. 19. 2. 1997, XI R 1/96, BStBl 1997 II S. 399, geäußerten Auffassung festgehalten: Wertpapierbesitzer, selbst wenn sie erhebliches eigenes oder geliehenes Kapital einsetzen (hier ca. 8 Mill. DM), können allenfalls dann als Gewerbetreibende beurteilt werden, wenn sie Wertpapierdepots nicht nur verwalten; sie müssen auch eine Organisation unterhalten. Man wird die Erfordernisse des BFH schlagwortartig so zusammenfassen können: Erst wenn sich der Wertpapierbesitzer wie ein Banker verhält, wird er Gewerbetreibender.

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