1 Begriff und wirtschaftliche Bedeutung

1.1 Begriff

 

Rz. 1

Wertpapiere sind rechtlich gesehen i. d. R. Urkunden, in denen Privatrechte in der Weise verbrieft sind, dass zu ihrer Ausübung das Innehaben der Urkunde erforderlich ist. Das Recht kann also nur der aus dem Papier Berechtigte geltend machen. Es handelt sich um ein Recht aus dem Privatrecht. Es besteht Vorlagepflicht.[1] Das Wertpapierhandelsgesetz erweitert den Wertpapierbegriff in § 2 Abs. 1 WpHG: Wertpapiere sind, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, alle Gattungen von übertragbaren Wertpapieren mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten handelbar sind, insbesondere

  1. Aktien und andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie mit Aktien vergleichbar sind, sowie Hinterlegungsscheine, die Aktien vertreten,
  2. Schuldtitel, insbesondere Genussscheine und Inhaberschuldverschreibungen und Orderschuldverschreibungen sowie Hinterlegungsscheine, die Schuldtitel vertreten,
  3. sonstige Wertpapiere, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren nach Nr. 1 und 2 berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die in Abhängigkeit von Wertpapieren, von Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren, Indices oder Messgrößen bestimmt wird; nähere Bestimmungen enthält die Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission vom 25.4.2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (ABl. L 87 v. 31.3.2017, S. 1), in der jeweils geltenden Fassung.
[1] Vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, 7. Aufl. 2020, Rz. 12.

1.2 Wirtschaftliche Bedeutung

 

Rz. 2

Die wirtschaftliche Bedeutung der Wertpapiere besteht in ihrem jeweiligen Zweck. Sie können als Zahlungsmittel dienen, z. B. Schecks. Als Kreditmittel dienen z. B. Wechsel. Zur Erleichterung des Güterumlaufs dienen Ladescheine, Lagerscheine und das Konnossement. Diese verbriefen einen Anspruch auf bestimmte Güter und erleichtern die Verfügung hierüber. Die Übergabe des Papiers ersetzt die Übergabe der Güter. Es sind sog. Traditionspapiere. Es dienen der Kapitalbeschaffung und der Kapitalanlage vor allem Aktien und Inhaberschuldverschreibungen. Optionsscheine gewähren das Recht, insbesondere Aktien zu kaufen oder zu verkaufen. Stock Options werden insbesondere an Führungskräfte ausgegeben, um sie an das Unternehmen zu binden und ihnen einen Anreiz zu geben, sich besonders für die Steigerung des Unternehmenswertes im Sinne des shareholder value einzusetzen.

2 Arten der Wertpapiere

 

Rz. 3

Die Wertpapiere lassen sich nach der Person des Berechtigten einteilen in

  • Inhaberpapiere,
  • Orderpapiere und
  • Rekta- oder Namenspapiere.

2.1 Inhaberpapiere

 

Rz. 4

Bei Inhaberpapieren wird der Berechtigte nicht namentlich genannt. Der jeweilige Inhaber des Papiers kann das verbriefte Recht geltend machen. Er braucht seine Berechtigung nicht nachzuweisen. Die Beweislast ist vielmehr umgekehrt.

Die Übertragung geschieht wie die der beweglichen Sachen nach §§ 929ff. BGB. Das Recht aus dem Papier folgt daher dem Recht am Papier. Gutgläubiger Erwerb des Eigentums an der Urkunde und damit an der in ihr verbrieften Forderung ist auch vom Nichtberechtigten möglich, selbst wenn das Papier abhanden gekommen ist (§ 935 Abs. 2 BGB).

 
Praxis-Beispiel

Schuldverschreibungen auf den Inhaber (§§ 793ff. BGB, z. B. Obligationen, Pfandbriefe, Kommunalschuldverschreibungen); Inhaberschecks (Art. 5 Scheckgesetz); Inhabergrundschuldbriefe (§ 1195 BGB); Inhaberaktien (§ 10 AktG).

2.2 Orderpapiere

 

Rz. 5

In Orderpapieren wird eine namentlich bezeichnete Person als berechtigt ausgewiesen, das im Papier verbriefte Recht geltend zu machen. Berechtigt ist derjenige, der in dem Papier zuerst namentlich bezeichnet ist oder der durch die Order des namentlich Bezeichneten bestimmt wird.

 
Praxis-Beispiel

In der Urkunde erklärt der Aussteller A der Urkunde: "Ich zahle an Herrn B oder an dessen Order." A händigt B die Urkunde aus.

 

Rz. 6

In dem Beispiel ist B der Berechtigte und damit der Inhaber der Forderung. Er ist befugt, eine andere Person als den Berechtigten zu bezeichnen. Dieser Vermerk erfolgt meist auf der Rückseite des Papiers (in dosso) und heißt deshalb Indossament.

Im vorstehenden Beispiel schreibt B auf die Rückseite des Papiers "Für mich an die Order des Herrn C" und unterzeichnet diese Anweisung. Damit wird Herr C der Berechtigte der Forderung.

 

Rz. 7

Zur Übertragung des Rechts ist daher außer der Übereignung des Papiers das Indossament erforderlich. Der Inhaber des Papiers macht die Rechte geltend, indem er das Papier vorlegt. Zusätzlich ist erforderlich, dass er als Berechtigter auf dem Papier bezeichnet ist. Sind mehrere Indossamente auf der Urkunde, muss der Inhaber als letzter Indossatar genannt sein und muss auf ihn eine ununterbrochene Reihe von Indossamenten hinführen.

 

Rz. 8

Es gibt geborene (gesetzliche) Orderpapiere und gekorene (gewillkürte) ...

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