Insbesondere bei der Reparatur von beweglichen körperlichen Gegenständen ist in der Praxis die Abgrenzung zwischen Werklieferung und Werkleistung schwierig, da der Unternehmer bei jedem einzelnen Umsatz individuell prüfen muss, ob das verwendete Material der erbrachten Leistung das Gepräge gibt. Dabei ist das Verhältnis des Werts der Arbeit oder des Arbeitserfolgs zum Wert der vom Unternehmer beschafften Stoffe allein kein ausschlaggebendes Abgrenzungskriterium. Es kann aber einen Anhaltspunkt für die Einstufung als Werklieferung oder als Werkleistung darstellen. Bei grenzüberschreitend ausgeführten Leistungen kann es dabei zu erheblichen Unsicherheiten über die zutreffende umsatzsteuerrechtliche Behandlung kommen.

Um in diesen Fällen Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden, hat die Finanzverwaltung eine als "Nichtbeanstandungsregelung" bezeichnete Vereinfachungsregelung geschaffen: In den Fällen, in denen nach den allgemeinen Kriterien nicht zweifelsfrei entschieden werden kann, ob die Reparaturleistung als Werklieferung oder Werkleistung zu qualifizieren ist, kann die Leistung als Werklieferung angesehen werden, wenn der Entgeltanteil, der auf das bei der Reparatur verwendete Material entfällt, mehr als 50 % des für die Reparatur berechneten Gesamtentgelts beträgt.[1]

Von Bedeutung ist dies insbesondere bei der Be- oder Verarbeitung von Gegenständen im Drittlandsverkehr. Im Fall der Werklieferung liegt im Regelfall eine steuerfreie Ausfuhrlieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG i. V. m. § 6 Abs. 1 UStG vor. Soweit eine Werkleistung vorliegen sollte, wäre eine steuerfreie Lohnveredelung nach § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG i. V. m. § 7 Abs. 1 UStG nur gegeben, wenn der Gegenstand zum Zweck der Bearbeitung oder Verarbeitung in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt oder zum Zweck der Bearbeitung hier erworben worden wäre.

 
Praxis-Beispiel

Vereinfachungsregelung bei der Reparatur beweglicher Gegenstände

Bei einer Fahrt in Deutschland wird das Fahrzeug des Rentners R aus der Schweiz in einen Unfall verwickelt und in Deutschland in einer Werkstatt repariert. Von dem Gesamtentgelt von 3.000 EUR entfallen 2.000 EUR auf Material. Es kann aus Vereinfachungsgründen (ohne weitere Prüfung) davon ausgegangen werden, dass es sich um eine Werklieferung handelt, die nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG steuerfrei ist. Bei Werklieferungen kommt die Einschränkung des § 6 Abs. 3 UStG grundsätzlich nicht in Betracht.[2]

Aber auch bei der Bestimmung des Orts der Leistung verhindert die Vereinfachungsregelung Abrechnungsschwierigkeiten in den Fällen, in denen Sitz des Auftraggebers und Tätigkeitsort sich in unterschiedlichen Ländern befinden.

 
Praxis-Beispiel

Vereinfachungsregelung bei abweichenden Leistungsorten

Reparaturunternehmer R aus Köln repariert im Auftrag eines in Amsterdam (NL) ansässigen Unternehmers eine Maschine bei einem Kunden des Auftraggebers in Aachen. Bei der Reparatur wird auch Material verwendet, das 60 % des Werts der Gesamtleistung ausmacht.

Nach der Vereinfachungsregelung[3] kann rechtssicher von einer Werklieferung ausgegangen werden, deren Ort sich nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG im Inland befindet. Läge eine Werkleistung vor, würde sich der Ort nach § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG dort befinden, wo der Auftraggeber sein Unternehmen betreibt, die Leistung wäre im Inland nicht steuerbar.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge