Nach der gesetzlichen Definition des § 3 Abs. 4 Satz 1 UStG liegt eine Werklieferung vor, wenn der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen hat und er hierbei Stoffe verwendet, die er selbst beschafft hat und es sich bei diesen Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Es ist dabei unerheblich, ob der leistende Unternehmer die von ihm verwendeten Materialien selbst erworben (eingekauft), selbst hergestellt oder selbst gewonnen hat (z. B. bei Bodenschätzen oder landwirtschaftlichen Produkten).

 
Wichtig

Be- oder Verarbeitung fremder Gegenstände notwendig

Werklieferungen liegen nur dann vor, wenn der leistende Unternehmer dem Abnehmer nicht nur die Verfügungsmacht an einem Gegenstand nach § 3 Abs. 1 UStG verschafft, sondern zusätzlich einen fremden Gegenstand be- oder verarbeitet.[1] Nicht ausreichend für die Annahme einer Werklieferung ist es, wenn der leistende Unternehmer nur eigene Gegenstände be- oder verarbeitet.

Eine Werklieferung setzt weiterhin voraus, dass die bei der Ausführung der Leistung verwendeten Materialien auch tatsächlich stofflich in den zu produzierenden Gegenstand mit eingehen. So ist es für eine Werklieferung nicht ausreichend, wenn der Werkunternehmer Gegenstände zur Produktion verwendet, die danach vollständig aufgebraucht oder nicht mehr verwendungsfähig sind.

 
Praxis-Beispiel

Werklieferung nur bei Überlassung von Material

Werkunternehmer W hat die Bearbeitung von Parkettböden übernommen. Zum Abschleifen des Parketts verwendet er in erheblichem Umfang Schleifmittel, die nach der Bearbeitung des Parketts aufgebraucht sind.

Da es sich bei den Schleifmitteln nicht um Material handelt, das in den bearbeiteten Gegenstand mit eingeht, kann keine Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschafft werden. Es liegt insoweit keine Werklieferung, sondern eine Werkleistung vor.

Aber auch wenn Material in den be- oder verarbeiteten Gegenstand mit eingeht, muss es sich nicht zwangsläufig um eine Werklieferung handeln. Voraussetzung ist, dass es sich bei dem verwendeten Material nicht nur um Nebensachen oder Zutaten handelt. Insoweit muss der Unternehmer bei der Ausführung seiner Leistung einen sog. "Hauptstoff" verwenden.

Für die Abgrenzung, ob es sich um einen Hauptstoff handelt oder nicht, kommt es nicht auf das Verhältnis des Werts der Arbeit zum Wert der verwendeten Stoffe an, sondern darauf, ob diese verwendeten Stoffe nach dem Willen der Beteiligten oder ihrer Art nach als Hauptstoffe anzusehen sind.[2] Im Zweifelsfall entscheidet die Verkehrsauffassung[3], ob es sich um Hauptstoffe oder um Nebensachen oder Zutaten handelt; es ist das Wesen des Umsatzes aus der Sicht eines Durchschnittsbetrachters zu bestimmen. Auch die Unentbehrlichkeit eines Stoffs macht diesen noch nicht zwangsläufig zu einem Hauptstoff.

Als sonstige Nebensachen oder Zutaten sind in aller Regel die folgenden Teile anzusehen:

  • kleinere technische Hilfsmittel (Schrauben, Nägel, Splinte etc.)
  • Schmierstoffe, Farben

Nicht von Bedeutung für die Einstufung als Hauptstoff ist es, ob der Unternehmer den gesamten Hauptstoff oder nur einen von mehreren Hauptstoffen oder nur einen Teil eines Hauptstoffs verwendet. Voraussetzung für die Werklieferung ist, dass der Unternehmer in irgendeiner Weise an dem als Hauptstoff anzusehenden Material beteiligt ist.

 
Praxis-Beispiel

Werklieferung auch bei Verwendung nur eines Teils des Hauptstoffs

Goldschmied G erhält den Auftrag, für einen Kunden einen besonderen Goldring herzustellen. G erhält dazu von seinem Kunden einen Brillanten, den er bei der Anfertigung des Rings verwendet.

Bei der Ausführung der Leistung werden 2 Hauptstoffe (Gold, Brillant) verwendet. G erbringt eine Werklieferung, da er auch einen Hauptstoff stellt. Er verwendet Gold aus seinem eigenen Bestand. Dass sein Kunde ebenfalls einen Hauptstoff für die Ausführung dieser Leistung beistellt, ist unbeachtlich.

Nach der ausdrücklichen Regelung des § 3 Abs. 4 Satz 2 UStG liegt eine Werklieferung auch dann vor, wenn der vom Unternehmer gelieferte Gegenstand mit dem Grund und Boden fest verbunden wird. Hierunter fallen insbesondere alle Bauleistungen eines Unternehmers, bei denen der leistende Unternehmer – wie in der Praxis üblich – das für die Leistung notwendige Baumaterial selbst besorgt.

 
Praxis-Tipp

Reverse-Charge-Verfahren muss geprüft werden

Bei im Inland ausgeführten steuerpflichtigen Bauleistungen ausländischer Unternehmer oder bei der Ausführung solcher Leistungen durch deutsche Unternehmer gegenüber anderen bauleistenden Unternehmern ist das Reverse-Charge-Verfahren[4] zu beachten.

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