Leitsatz

1. Behauptet der Steuerpflichtige, die Voraussetzungen eines Steuertatbestands (hier: § 17 EStG 1997) seien aufgrund von innerfamiliären Transaktionen (hier: Übertragung von Aktien) nicht gegeben und unterlässt er es aber unter Hinweis auf zeitlaufbedingte Erinnerungslücken, die behaupteten Transaktionen substanziiert darzulegen, trägt er die Gefahr, dass das FA die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln kann und deshalb die Voraussetzungen für eine Schätzung gem. § 162 AO gegeben sind. Das gilt auch, wenn hinsichtlich der Transaktionen keine spezifischen steuerrechtlichen Dokumentationspflichten bestehen.

2. Die sog. Wegzugsteuer nach § 6 Abs. 1 AStG i.d.F. bis zur Änderung durch das SEStEG vom 07.12.2006 (BGBl I 2006, 2782, berichtigt BGBl I 2007, 68) i.V.m. § 6 Abs. 5, § 21 Abs. 13 S. 2 AStG i.d.F. der Änderungen durch das SEStEG verstößt weder gegen Abkommensrecht noch Gemeinschaftsrecht oder gegen Verfassungsrecht (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 23.09.2008, I B 92/08, BFH/NV 2008, 2085, BFH/PR 2009, 34).

3. Die pauschale Besteuerung von Erträgen aus im Inland nicht registrierten ausländischen Investmentfonds (sog. schwarzen Fonds) gem. § 18 Abs. 3 AuslInvestmG verstößt auch im Hinblick auf Fonds aus Staaten, die nicht Mitglied von EU oder EWR sind, gegen die gemeinschaftsrechtlich verbürgte Kapitalverkehrsfreiheit (Fortentwicklung des BFH-Urteils vom 18.11.2008, VIII R 24/07, BFH/NV 2009, 633, BFH/PR 2009, 204; entgegen BMF, Schreiben vom 06.07.2009, BStBl I 2009, 770).

 

Normenkette

§ 6 Abs. 1 AStG a.F., § 6 Abs. 5, § 21 Abs. 13 S. 2 AStG n.F., § 18 Abs. 3 AuslInvestmG, Art. 73b Abs. 1, Art. 73c Abs. 1 EGV, Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 13 Abs. 3 DBA-Belgien, § 90 Abs. 1, § 162 Abs. 2 AO

 

Sachverhalt

Streitpunkte waren die Schätzung von Einkünften der Kläger, die Anwendbarkeit der sog. Wegzugsteuer gem. § 6 Abs. 1 AStG aufgrund einer Wohnsitzverlegung nach Belgien sowie die Gemeinschaftsrechtsmäßigkeit der Pauschalbesteuerung von Beteiligungen an sog. "schwarzen" Fonds aus Drittstaaten gem. § 18 Abs. 3 AuslInvestmG.

Geklagt hatten Eheleute, die Aktien an mehreren deutschen Gesellschaften hielten und im Jahr 1998 nach Belgien und später – im Jahr 2001 – in die Schweiz verzogen waren. Der in der Wertpapierbranche agierende Kläger war in den Streitjahren Gesellschafter und Vorstandsvorsitzender zweier AGs. Er war ferner an der in den USA ansässigen Inc. und an verschiedenen anderen in- und ausländischen Gesellschaften, u.a. in Irland, Polen und auf den Cayman Islands, beteiligt und gehörte teilweise auch deren Leitungsorganen an. Die Klägerin war ebenfalls Gesellschafterin und Aufsichtsratsmitglied diverser AGs. Das FA nahm steuerpflichtige Vorgänge gem. § 17 EStG i.V.m. § 6 AStG an.

Überdies ging es um die Besteuerung von Erträgen aus chinesischen und südkoreanischen Investmentfonds in den Jahren 1994 und 1995.

Schließlich stand noch so manches Weitere im Streit, u.a. die Bewertung der diversen Beteiligungen.

Nach Durchführung von Steuerprüfungen und der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens mit entsprechenden Hausdurchsuchungen ergingen Änderungssteuerbescheide für die Streitjahre. Die deswegen erhobenen Klagen hat das FG Düsseldorf mit Urteilen vom 14.11.2007, 9 K 1270/04 E (Haufe-Index 1956221, EFG 2008, 361) und 9 K 1274/04 E (Haufe-Index 1996718) abgewiesen.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revisionen der Kläger z.T. als unzulässig und z.T. – in erster Linie wegen § 6 AStG – als unbegründet angesehen. Erfolg hatten die Revisionen lediglich bezogen auf die "schwarzen" Investmentfonds aus Korea und China. Dieserhalb wurden die Urteile aufgehoben und die Sachen an das FG zurückverwiesen, damit eine Besteuerung gem. der für Inlandsfonds geltenden Regeln vorgenommen werden könne. Die wesentlichen Einzelheiten zu der Entscheidung ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

Ein Urteil mit gleich drei grundlegenden Erkenntnissen und Aussagen:

1. Die erste Aussage betrifft die Mitwirkungspflichten im Steuerverfahren:

Ein Steuerpflichtiger ist aufgrund der allgemeinen Mitwirkungspflicht bei Abgabe der Steuererklärungen (§ 150 Abs. 2 S. 1 AO) im Rahmen der Außenprüfung (§ 200 Abs. 1 S. 1 AO) und im FG-Prozess (§ 76 Abs. 1 S. 2 FGO) verpflichtet, bei der Feststellung der Sachverhalte, die für die Besteuerung erheblich sein können, mitzuwirken. Er hat diesen Mitwirkungspflichten insbesondere dadurch nachzukommen, dass er die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen und die ihm bekannten Beweismittel anzugeben hat (§ 90 Abs. 1 S. 2 AO).

Nun mögen diese Pflichten reduziert sein, namentlich dann, wenn es um lang zurückliegende Vorgänge geht, welche erst viel später mittels Betriebsprüfung in den Fokus der behördlichen Prüfung gelangen. Im Urteilsfall waren das die Beteiligungsverhältnisse an einer Vielzahl von Kapitalgesellschaften im Zusammenhang des § 17 EStG mit etlichen An- und Verkäufen. Dann mag im Einzelfall sogar das Argument der objektiven Unmöglichkeit"ziehen", das vor...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge