Leitsatz

1. Die VO (EG) Nr. 1370/95 mit Durchführungsvorschriften für die Ausfuhrlizenzen im Sektor Schweinefleisch ist auch insoweit wirksam, als sie Sofortlizenzen ausnahmslos unter den Vorbehalt späterer sog. besonderer Maßnahmen der Kommission stellt. Das Diskriminierungsverbot wird nicht dadurch verletzt, dass für Kleinmengen in anderen Marktordnungen abweichende Regeln gelten.

2. Solche besonderen Maßnahmen können bis zu der (jeweils für Mittwoch vorgesehenen) Entscheidung über den Lizenzantrag ergehen.

3. Es verstößt nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass die Kommission in der VO (EG) Nr. 1526/1999 zur Bestimmung des Umfangs, in dem den Ausfuhrlizenzanträgen für Erzeugnisse des Sektors Schweinefleisch stattgegeben wird, die Erteilung von Lizenzen ausgesetzt hat, statt von der Möglichkeit einer anteiligen Kürzung der beantragten Mengen Gebrauch zu machen.

4. Eine Sofortlizenz kann nach Maßgabe des Art. 4 Abs. 3 VO Nr. 1370/95 auch dann zurückgefordert und geändert werden, wenn von ihr in dem Zeitpunkt, in dem die Kommission besondere Maßnahmen gem. Art. 3 Abs. 4 VO Nr. 1370/95 ergreift, durch die Ausfuhr der betreffenden Waren bereits Gebrauch gemacht worden ist.

5. Es gibt keinen Rechtssatz, dass der Eintritt einer auflösenden Bedingung nur für die Zukunft Rechtsfolgen zeitigen kann, sodass zuvor bereits erworbene Rechte trotz des Bedingungseintritts nicht mehr wegfallen könnten.

 

Normenkette

Art. 3, 4 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1370/95

 

Sachverhalt

25 Tonnen Schweinefleisch waren im Juli 1999 zur Ausfuhr angemeldet worden. Dabei wurde eine Lizenz der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) vorgelegt (vgl. VO [EG] Nr. 1370/95). Eben bezeichnete VO machte die Ausfuhr, für die eine Ausfuhrerstattung beantragt wird, von der Vorlage einer Ausfuhrlizenz mit Vorausfestsetzung der Erstattung abhängig. Anträge auf solche Ausfuhrlizenzen waren von Montag bis Freitag jeder Woche einzureichen; erteilt wurden die Ausfuhrlizenzen grundsätzlich am Mittwoch der darauffolgenden Woche, sofern die Kommission nicht bis dahin "die noch nicht beschiedenen Anträge" ablehnt, wie es in der VO heißt. Abweichend von diesem Verfahren konnte ein Marktbeteiligter die Lizenz sofort erhalten, wobei der Lizenz dann ein Vorbehalt hinsichtlich vorgenannter Maßnahmen beizufügen ist.

Ergreift die Kommission keine solche Maßnahme, wird die Sofortlizenz ab dem eben bezeichneten Mittwoch für gültig erklärt; andernfalls soll sie entsprechend einer solchen Maßnahme geändert werden. Im Streitfall hatte die Kommission "unerledigte ... Ausfuhrlizenzanträge, ... für die ab 14.07. und ab 21.07.1999 Ausfuhrlizenzen erteilt werden müssten", abgelehnt.

Die der Klägerin erteilte Lizenz war unter dem Vorbehalt besonderer Maßnahmen gem. Art. 3 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1370/95 ergangen. Mit Bescheid vom 16.07.1999 hatte deshalb die BLE der Klägerin mitgeteilt, dass die Ausfuhrlizenz dahin geändert werde, dass sie ohne Anspruch auf Erstattung erteilt werde. Das hiergegen von der Klägerin angestrengte Rechtsbehelfsverfahren ruht. Das HZA hat jedoch den Erstattungsantrag der Klägerin abgelehnt. Es ist aber vom FG verpflichtet worden, der Klägerin Ausfuhrerstattung zu gewähren (FG Hamburg, Urteil vom 27.01.2009, 4 K 2206/06, Haufe-Index 2182257).

 

Entscheidung

Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Aufgrund des Vorbehalts in der Lizenz, also einer auflösenden Bedingung, die eingetreten ist, hat die Klägerin keinen Erstattungsanspruch. Dass die Bedingung erst nach Durchführung der Ausfuhr eingetreten ist, ändert daran nichts.

Der BFH hat auch die zahlreichen Angriffe der Klägerin gegen die Gültigkeit der oben bezeichneten VO und der VO, durch die im Streitfall besondere Maßnahmen angeordnet worden waren, zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Eine einem Bescheid beigefügte auflösende Bedingung wie der Vorbehalt, welcher im Streitfall einer Ausfuhrlizenz beigefügt war, hat die Kraft, rückwirkend Rechtspositionen wie einen an sich schon entstandenen Ausfuhrerstattungsanspruch zu beseitigen; sie wirkt also nicht etwa wesensgemäß nur – von dem Zeitpunkt aus gesehen, in dem die Bedingung eintritt – in die Zukunft (es sei denn, sie ist entsprechend gefasst). Es gibt auch keinen allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz, der es verböte, eine Begünstigung unter eine Bedingung zu stellen, die, wenn sie eintritt, dem Begünstigten rückwirkend die Begünstigung nimmt, oder der dies zumindest dann verböte, wenn der Begünstigte im Hinblick auf die ihm bedingt gewährte Begünstigung bereits irreversible Vermögensdispositionen getroffen hat. Auf den Grundsatz der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes kann er sich nicht berufen; denn er trifft bewusst Dispositionen, obgleich er sich nicht sicher ist, dass die Bedingung nicht eintreten wird.

2. Das Gemeinschaftsrecht stellte für die Lizenzerteilung mit dem Institut der Sofortlizenz ein Instrument zur Verfügung, das unter Umständen mit einem hohen Risiko verbunden ist, welches der Lizenzantragsteller jedoc...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge