Sachverhalt

Bei dem bulgarischen Verfahren ging es um den Vorsteuerabzug aus Leasinggebühren für Pkw. Die Klägerin, eine bulgarische GmbH, hatte im Zeitraum 2008/2009 zwei Pkw von anderen Unternehmen gemietet bzw. geleast und aus den Eingangsrechnungen den Vorsteuerabzug geltend gemacht. Da keine Fahrtenbücher vorgelegt wurden und in der Buchhaltung der Klägerin keine Ausgaben für Treibstoff ausgewiesen waren, ging die bulgarische Finanzbehörde davon aus, dass die Fahrzeuge nicht für unternehmerische Zwecke der Klägerin verwendet worden seien, was zu der in Art. 70 Abs. 1 Nr. 2 des bulgarischen MwStG vorgesehenen Beschränkung Vorsteuerabzugs führe, obwohl die Voraussetzungen von Art. 69 des bulgarischen MwStG erfüllt seien. Die Klägerin trug vor, der Vorsteuerabzug sei ihr zu Unrecht versagt worden, da Art. 70 Abs. 3 Nr. 2 des bulgarischen MwStG anwendbar sei, da die Pkw zum Befördern des Geschäftsführers der Klägerin von dessen Wohnort zum Arbeitsort verwendet worden seien. Hinsichtlich der Tatsache, dass in der Buchhaltung keine Treibstoff-Ausgaben ausgewiesen seien, trug die Klägerin vor, dass der Treibstoff auf Rechnung des Geschäftsführers gegangen sei, weswegen keine Ausgabenbelege erstellt worden seien.

Die Beschränkungen des Vorsteuerabzugs sind in Art. 70 des bulgarischen MwStG geregelt. Art. 70 Abs. 1 Nr. 2 MwStG bestimmt: Auch wenn die Voraussetzungen des Art. 69 oder des Art. 74 vorliegen, besteht kein Recht auf Vorsteuerabzug, sofern die Gegenstände oder Dienstleistungen für unentgeltliche Umsätze oder für andere Tätigkeiten als die wirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen bestimmt sind.

Ausnahmen von den Beschränkungen nach Art. 70 Abs. 1 MwStG Abs. 1 sieht Absatz 3 dieses Artikels vor. Danach ist Abs. 1 Nr. 2 ist nicht anzuwenden auf das Befördern der Arbeiter und Angestellten, einschließlich jener mit einem Geschäftsführervertrag, von ihrem Wohnort zu ihrem Arbeitsort und zurück durch ihren Arbeitgeber, wenn diese Beförderungsleistung vom Arbeitgeber für die Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeit unentgeltlich erbracht wird.

Die Klägerin meinte, die genannten Vorschriften verstießen gegen das Gemeinschaftsrecht, da sie allgemeine Beschränkungen des Vorsteuerabzugsrechts vorsähen, die über die den Mitgliedstaaten möglichen Vorsteuerausschlüsse hinausgingen. Das Vorlagegericht war sich unschlüssig, für welchen Steuerzeitraum die Voraussetzung erfüllt sein muss, dass die Gegenstände oder Dienstleistungen für die Zwecke der besteuerten Umsätze i.S.v. Art. 168 MwStSystRL verwendet werden, ob bereits in dem Zeitraum, in dem sie erworben wurden oder ob es für die ursprüngliche Beurteilung des Vorsteuerabzugsrechts genügt, dass die Einbeziehung der Gegenstände und Dienstleistungen in die besteuerte Tätigkeit zu einem zukünftigen Zeitpunkt möglich ist.

 

Entscheidung

Zu den Fragen, unter welchen Voraussetzungen Art. 168 Buchst. a MwStSystRL einen Unternehmer zum Abzug der Vorsteuer berechtigt, die er aufgrund eines Mietvertrags über ein Kraftfahrzeug bzw. eines Leasingvertrags entrichtet hat, und in welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, hat der EuGH unter Bezugnahme auf frühere Rechtsprechung wiederholt, dass der Begriff "Lieferung von Gegenständen" nicht auf die Eigentumsübertragung in den im anwendbaren nationalen Recht vorgesehenen Formen abstellt, sondern jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer, umfasst.

Unter diesen Umständen kann nach dem Urteil ein Leasingvertrag einem Kaufvertrag gleichgestellt werden. Wenn der Leasingvertrag über ein Kraftfahrzeug vorsieht, dass das Eigentum an dem Fahrzeug am Ende der Vertragslaufzeit auf den Leasingnehmer übertragen wird oder dass der Leasingnehmer über wesentliche Elemente des Eigentums an dem Fahrzeug verfügt, insbesondere, dass die mit dem rechtlichen Eigentum an dem Fahrzeug verbundenen Chancen und Risiken zum überwiegenden Teil auf ihn übertragen werden und die abgezinste Summe der Leasingraten praktisch dem Verkehrswert des Gegenstands entspricht, ist der Umsatz nach der EuGH-Entscheidung mit dem Erwerb eines Investitionsguts gleichzusetzen.

Zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs im vorliegenden Verfahren verweist der EuGH auf seine Rechtsprechung im Urteil v. 16.10.1997, C-258/95 (Fillibeck). Danach ist Beförderung von Arbeitnehmern von deren Wohnungen zu Baustellen durch den Arbeitgeber keine umsatzsteuerbare Leistung, wenn die Beförderung unentgeltlich erfolgt und sie nicht konkret mit der Arbeitsleistung bzw. dem Lohn der Arbeitnehmer verbunden ist. Die Beförderung dient nach dem Urteil grundsätzlich dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer und ist daher einer steuerbaren und steuerpflichtigen Dienstleistung gegen Entgelt gleichzustellen (Artikel 6 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie bzw. Artikel 26 MwStSystRL). Sie führt damit zu ...

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