Leitsatz

1. Stehen die von einem Unternehmer für sein Unternehmen bezogenen Vorleistungen zwar in keinem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, gehören die Kosten dieser Leistungen aber zu den allgemeinen Aufwendungen seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit und führt diese ausschließlich zu steuerpflichtigen Umsätzen, so kann der Unternehmer die für die Vorleistungen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen.

2. Eine Aufteilung der Vorsteuer nach § 15 Abs. 4 UStG setzt voraus, dass der Unternehmer die bezogenen Vorleistungen sowohl für Umsätze verwendet, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht. Dabei ist auf die Verhältnisse der gesamten Umsätze im Besteuerungszeitraum abzustellen.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG, Art. 2 Nr. 1, Art. 17 Abs. 2 Buchst. a und Abs. 5, Art. 19 Abs. 1 und Abs. 3 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Die Klägerin machte in ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate Januar bis August 2005 jeweils einen Vorsteuerabzug in Höhe von lediglich 5 % der angefallenen Vorsteuerbeträge geltend. Nachdem sich im September 2005 herausstellte, dass nur noch steuerpflichtige Umsätze ausgeführt werden würden, holte die Klägerin den bisher nicht geltend gemachten Vorsteuerabzug (95 %) nach. Dabei ging es um Eingangsumsätze, die nicht direkt und unmittelbar bestimmten Ausgangsumsätzen zugeordnet werden konnten.

Das FA akzeptierte dies nicht. Es meinte, es komme allein auf die Verwendungsabsicht der Klägerin beim Leistungsbezug an. Nach den Voranmeldungen für Januar bis August 2005 habe die Klägerin ihre Eingangsleistungen zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs zu 95 % steuerfreien Umsätzen zugeordnet. Dabei bleibe es.

Das FG wies die Klage ab (FG München, Urteil vom 30.6.2010, 3 K 1532/08, Haufe-Index 2377053, EFG 2010, 1828).

 

Entscheidung

Der BFH folgte dem nicht und gab der Klage statt. Bei der Beurteilung des Vorsteuerabzugs aus Eingangsumsätzen, die – wie hier – nicht direkt und unmittelbar bestimmten Ausgangsumsätzen zugeordnet werden könnten, sei regelmäßig auf die Verhältnisse der gesamten Umsätze im Besteuerungszeitraum abzustellen. Entgegen der Auffassung des FG kommt es nicht auf die jeweiligen Voranmeldungszeiträume an; abzustellen sei vielmehr auf den Veranlagungszeitraum insgesamt (das Jahr) und die für diesen Zeitraum im Nachhinein festzustellenden Verhältnisse. Danach sei der Vorsteuerabzug zu gewähren, weil die Klägerin im Streitjahr 2005 (unstreitig) ausschließlich steuerpflichtige Umsätze ausgeführt habe.

 

Hinweis

Ein Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind (Eingangsumsätze), als Vorsteuerbetrag abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet (Ausgangsumsätze).

Fehlt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, kann der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn die Kosten für die Eingangsleistung zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und – als solche – Bestandteile des Preises der von ihm erbrachten Leistungen sind. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist dann aber, dass die wirtschaftliche Tätigkeit zu Umsätzen führt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, also i.d.R. steuerpflichtig sind.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.4.2013 – XI R 25/10

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