Zusammenfassung

 
Überblick

Seit dem 1.1.2010 können im Vorsteuer-Vergütungsverfahren die Antragsteller aus EU-Staaten ihre Erstattungsanträge nur noch elektronisch und nicht mehr wie vorher auf Papier einreichen. Der elektronische Erstattungsantrag ist an den Staat, der die Erstattung vornehmen soll, zu richten, jedoch im Ansässigkeitsstaat über das dort eingerichtete elektronische Portal einzureichen.

Im Geschäftsverkehr kommt es häufig vor, dass Unternehmen in ihren Eingangsrechnungen mit ausländischer Mehrwertsteuer belastet werden. Angestellte besuchen Messen in anderen Staaten und verursachen Reisekosten. Unternehmer erbringen Wartungs- und Montagearbeiten im Ausland und müssen vor Ort Ersatzteile beschaffen. Die Lkws von Speditionen müssen im Ausland betankt und repariert werden etc. Im Gegensatz zu inländischen Rechnungen, die zum Vorsteuerabzug bei der eigenen Umsatzsteuerschuld berechtigen, müssen sich die Unternehmen bei den Auslandsrechnungen in einem besonderen Erstattungsverfahren von der Umsatzsteuer als Kostenfaktor entlasten.

Nach den für alle EU-Mitgliedstaaten verbindlichen Regeln haben ausländische Unternehmer aus der EU, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat für Zwecke ihres Unternehmens Gegenstände erwerben oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen, ohne dort ansässig zu sein, Anspruch auf Erstattung (Vergütung) der ihnen in Rechnung gestellten Umsatzsteuer.[1] Weiterhin dürfen die Unternehmer in dem anderen Mitgliedstaat keine Umsätze bewirken oder nur steuerfreie Beförderungsleistungen im grenzüberschreitenden Güterverkehr und damit verbundene Nebentätigkeiten ausführen oder nur Dienstleistungen bewirken, bei denen lediglich der Empfänger der Steuerschuldner ist.

Nicht vergütet werden Vorsteuerbeträge, die in Rechnungen über Ausfuhrlieferungen oder innergemeinschaftliche Lieferungen gesondert ausgewiesen werden, wenn feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 13a UStG bzw. § 6a Abs. 1 und 2 UStG vorliegen. In diesen Fällen handelt es sich für die Beurteilung des Vergütungsanspruchs im Vorsteuer-Vergütungsverfahren um eine unrichtig ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG, die vom Leistungsempfänger nicht als Vorsteuer abgezogen und die demnach im Vorsteuer-Vergütungsverfahren nicht vergütet werden kann. Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Lieferung des leistenden Unternehmers bleibt unberührt.[2]

Anträge auf Vorsteuervergütung (deutscher USt) von ausländischen Unternehmern aus Drittstaaten müssen seit dem 1.7.2016 grundsätzlich ebenfalls ausschließlich auf elektronischem Weg über das Online-Portal des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) eingereicht werden.[3]

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung
[1] Art. 170 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – MwStSystRL.

1 Wichtige EU-Richtlinien

1.1 Regelungen der Richtlinie 2008/9/EG

1.1.1 Erstattungsgrundlage

Zum 1.1.2010 wurde das vorher in der sog. 8. EG-Richtlinie[1] geregelte Verfahren der Erstattung von Mehrwertsteuern (Vorsteuervergütung) an EU-Unternehmer auf eine neue Grundlage gestellt. Die 8. EG-Richtlinie wurde aufgehoben. Die RL 2008/9/EG gilt für Erstattungsanträge, die nach dem 31.12.2009 gestellt werden. Die Grundvoraussetzungen des Erstattungsverfahrens (Erstattungsberechtigte, Nichtansässigkeit des antragstellenden Unternehmers, keine oder nur bestimmte Umsätze im Erstattungsstaat u. Ä.) sind immer noch unverändert.

Einzelne verfahrensrechtliche Aspekte wurden näher bestimmt und vereinfacht und die Rechte der Antragsteller wurden, z. B. durch verkürzte Bearbeitungsfristen und eine Verzinsung der Erstattungsansprüche, gestärkt. Wie im Recht bis zum 31.12.2009 scheidet ein Erstattungsverfahren aus für in Rechnung gestellte Mehrwertsteuerbeträge für Lieferungen, die nach Art. 138 MwStSystRL (innergemeinschaftliche Lieferungen) oder nach Art. 146 Abs. 1b MwStSystRL (Ausfuhrlieferungen, Beförderung oder Versendung durch Abnehmer) steuerfrei sind oder befreit werden können.[2]

Gleiches gilt für nach den Rechtsvorschriften des Erstattungsstaates fälschlich in Rechnung gestellte Mehrwertsteuerbeträge.[3] Damit scheidet ein Vorsteuerabzug (hier Erstattung) aus für Steuern, die nur aufgrund eines unrichtigen/unberechtigten Steuerausweises, nicht aber aufgrund des Umsatzes geschuldet werden.

[1] 8. Richtlinie 79/1072/EWG des Rates v. 6.12.1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige, ABl. EG 1979 Nr. L 331 S. 11.

1.1.2 Ermittlung des Erstattungsbetrags

Art. 6 der RL 2008/9/EG regelt die Ermittlung des Erstattungsbetrags. Grundvoraussetzung für eine Erstattung im Erstattungsstaat ist, dass der Antragsteller Umsätze bewirkt, die in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, ein Recht auf Vorsteuerabzug begründen.[1] Bewirkt der Antragsteller in seinem Ansässigkeitsstaat sowohl ...

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