Rz. 9

Grundlegende Voraussetzung für die Bilanzierung des Vorratsvermögens ist die Inventur. Die handelsrechtlichen Vorschriften zur Inventur bzw. Inventar (= Ergebnis der Inventur) finden sich in den §§ 240 und 241 HGB.[1]

Zu den allgemeinen Anforderungen an die Inventur sowie zu den Verfahren der Inventur wird auf "Inventur und Inventar: Rechtsgrundlagen, Grundsätze, Gestaltungsmöglichkeiten und Organisation" verwiesen. Im Folgenden geht es darum, die Besonderheiten herauszustellen, die sich bei der Bestandsaufnahme des Vorratsvermögens ergeben.

 

Rz. 10

Dem Grundsatz der Vollständigkeit entsprechend, sind alle Vorräte sowohl im Werksbereich und in den Handlägern als auch außerhalb des Werksbereichs zu erfassen, vorausgesetzt, die Vermögensgegenstände stehen im wirtschaftlichen und/oder rechtlichen Eigentum des Unternehmens. Unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Waren sind, soweit der Eigentumsvorbehalt nicht wirksam geworden ist, als (eigenes) Vorratsvermögen zu erfassen. Auch ein zur Sicherung übereignetes Vorratslager ist beim Sicherungsgeber zu erfassen, solange die Sicherheit nicht vom Sicherungsnehmer beansprucht wird bzw. die Inanspruchnahme aus der Bestellung des Sicherungsguts nicht ernsthaft droht. Für Vorratsvermögen in Fremdlägern ist die Bestätigung des Dritten über die Lagerung der Vorräte einzuholen. Rollende Waren (= Unterwegs-Ware) ist immer dann zu erfassen, wenn das Unternehmen die Möglichkeit hat, über den Gegenstand zu verfügen. Bei rollender (schwimmender) Ware ist dies nach Erhalt des Konnossements oder des Auslieferungsscheins der Fall.

 

Rz. 11

Bei der Inventur von unfertigen Erzeugnissen ist es mit der körperlichen Bestandsaufnahme allein nicht getan, es muss hierbei vielmehr eine Bestimmung des Fertigungsgrads erfolgen. Daher sind bei der Inventur unterstützend auch die Unterlagen der Fertigungsplanung und die betrieblichen Aufzeichnungen über die in das Ergebnis eingegangenen Faktoren und Faktorleistungen heranzuziehen. Bei Fertigungsstraßen dürfte sich aus dem Platz, an dem sich das unfertige Erzeugnis im Zeitpunkt der Inventur innerhalb der Produktionsstätte befindet, relativ leicht ein zuverlässiger Schluss auf den Grad der Fertigstellung ziehen lassen. Deshalb sollte grundsätzlich auf den Aufnahmeblättern der Ort des aufgenommenen Erzeugnisses angegeben werden, um somit die erreichte Stufe im Produktionsprozess fixieren zu können.

 

Rz. 12

Bestellte und zur Ablieferung am Bilanzstichtag bereitgestellte Waren sind den fertigen Erzeugnissen zuzurechnen und mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten. Ein Ausweis der Forderung aus dem Verkaufsgeschäft kommt regelmäßig erst in Betracht, wenn die Waren ausgeliefert sind.

[1] Einzelkaufleute, die an den Abschlussstichtagen von 2 aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht mehr als 600.000 EUR Umsatzerlöse und 60.000 EUR Jahresüberschuss aufweisen, sind gem. § 241a HGB von der Pflicht zur Buchführung und Erstellung eines Inventars befreit.

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