Ebenso wie die Gruppenbewertung zielt das Festwertverfahren auf eine vereinfachte Bestandsaufnahme durch Inventur, buchmäßige Erfassung und Bewertung bestimmter Vermögensgegenstände. Zu diesem Zweck werden diese von Jahr zu Jahr mit einem gleich bleibenden Wert angesetzt. Eine körperliche Bestandsaufnahme ist i. d. R. alle 3 Jahre vorzunehmen.[1] Eine Ausdehnung dieser Frist kommt nur in Betracht, wenn die Entwicklung des Bestands zumindest annähernd mittels brauchbarer Schlüsselgrößen kontrolliert werden kann.

Innerhalb des Vorratsvermögens ist die Anwendung des Festwertverfahrens auf Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe beschränkt. Als weitere Voraussetzungen für die Festbewertung fordert § 240 Abs. 3 HGB:

  1. regelmäßiges Ersetzen der Vermögensgegenstände,
  2. nachrangige Bedeutung des Gesamtwerts der festbewerteten Vermögensgegenstände für das Unternehmen,
  3. geringe Veränderungen in Größe, Wert und Zusammensetzung des Bestands.

Der Forderung nach regelmäßigem Ersatz wird entsprochen, wenn der Verbrauch während des Jahres jeweils im Wesentlichen durch entsprechende Zugänge bis zum Abschlussstichtag kompensiert wird.

Bei der Prüfung der Nachrangigkeit des Gesamtwerts für das Unternehmen ist nicht auf jeden einzelnen Festwert, sondern auf die Summe aller festbewerteten Vermögensgegenstände abzustellen.[2] Als Orientierungsgröße für die Beurteilung der nachrangigen Bedeutung favorisiert die überwiegende Meinung einen maximalen Anteil des Festwerts von 5 % der Bilanzsumme.[3] Dagegen soll nach Ansicht der Finanzverwaltung eine nachrangige Bedeutung des Festwerts auch dann noch anzunehmen sein, wenn dieser "an den dem Bilanzstichtag vorangegangenen fünf Bilanzstichtagen im Durchschnitt 10 v. H. der Bilanzsumme nicht überstiegen hat".[4]

Die Forderung, Größe, Wert und Zusammensetzung des Festwerts dürfe nur geringen Veränderungen unterliegen, schließt eine Anwendung des Vereinfachungsverfahrens namentlich dann aus, wenn

  • Ersatzbeschaffungen nur unregelmäßig ohne Rücksicht auf den Verbrauch erfolgen,
  • mit beachtlichen Wert- oder Preisschwankungen der Vermögensgegenstände zu rechnen ist bzw. geringe Mengenänderungen zu erheblichen Wertänderungen führen oder
  • im Zeitablauf mit wesentlichen Änderungen in der Zusammensetzung des Bestands zu rechnen ist.

Einer Festbewertung stehen erwartete Mengenänderungen aufgrund einer Erweiterung des Betriebs, laufende Preissteigerungen oder allmähliche Strukturveränderungen infolge technischen Fortschritts nicht entgegen. Sie können jedoch Anlass geben, den Wertansatz anzupassen.

Zur Bildung eines Festwerts für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe ist das Mengengerüst durch eine Inventur aufzunehmen. Grundlage seiner Bewertung sind die tatsächlichen oder mittels eines zulässigen Vereinfachungsverfahrens bestimmten Anschaffungskosten der Vermögensgegenstände bzw. ihr niedrigerer Stichtagswert.

In der Folgezeit können Anpassungen des Festwerts aufgrund von Mengen- und/oder Preisänderungen notwendig werden. Mehrmengen erfordern nach der auch handelsrechtlich anwendbaren Verwaltungsanweisung R 5.4 Abs. 3 Satz 2 – 5 EStR nur dann eine Aufstockung des Festwerts, wenn diese 10 % des ursprünglichen Festwerts überschreiten. Andernfalls besteht ein Beibehaltungswahlrecht. Die Erhöhung des Festwerts erfolgt durch Aktivierung der Zugänge mit ihren jeweiligen Anschaffungskosten, bis der neue Wert erreicht ist. Mindermengen erzwingen handelsrechtlich in jedem Fall eine Anpassung, die aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips in die Steuerbilanz durchschlägt. Zwischenzeitlich gestiegene Preise für die festbewerteten Vorratsgüter sind nur für Mehrbestände zu berücksichtigen, während für den Altbestand das Anschaffungswertprinzip die Beibehaltung des bisherigen Wertansatzes erzwingt.[5] Preissenkungen sind nach dem Niederstwertprinzip in der jeweiligen Ausprägung für die Handels- und Steuerbilanz zu würdigen.

 
Praxis-Beispiel

Beispiele für Festwerte

In der Praxis werden Festwerte im Bereich der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe vor allem für Brennstoffe (Kohle, Öl), für Reparaturmaterialien und Ersatzteile sowie für Verbrauchsmaterial angesetzt.

[2] Vgl. Graf, in Bertram/Kessler/Müller (Hrsg.), Haufe HGB Bilanz Kommentar, 11. Aufl. 2020, § 240, Rz. 55.
[3] Vgl. Graf, in Bertram/Kessler/Müller (Hrsg.), Haufe HGB Bilanz Kommentar, 11. Aufl. 2020, § 240, Rz. 56 m. w. N.
[5] Vgl. Winkeljohann/Philipps, in Ellrott u. a., Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 240 HGB, Anm. 107.

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