Eine im Vergleich zur Durchschnittsbewertung weitere Vereinfachung der Anschaffungskostenermittlung erlaubt die Gruppenbewertung, bei der gleichartige Vorratsgüter mit dem gewogenen Mittel aus dem Wert des Anfangsbestandes und dem Wert der Zugänge während des Geschäftsjahrs angesetzt werden. Steuerlich darf alternativ ein "ohne Weiteres feststellbarer, nach den Erfahrungen der betreffenden Branche sachgemäßer Durchschnittswert verwendet"[1] werden. Da die Güter der Gruppe nicht gesondert nach Art und Menge aufzunehmen sind, erleichtert eine Gruppenbewertung zudem die Bestandsaufnahme. Eingeschränkt werden kann dieser Vorteil allerdings durch die Forderung des Niederstwertprinzips, eingetretene Wertminderungen durch Abschreibungen zu berücksichtigen.[2]

Vorratsgüter gelten als gleichartig, wenn sie

  • aufgrund ihrer Beschaffenheit der gleichen Warengattung zuzurechnen sind (Artgleichheit) oder
  • der gleichen betrieblichen Verwendung dienen (Funktionsgleichheit).

Bei dieser Beurteilung "sind die kaufmännischen Gepflogenheiten, insbesondere die marktübliche Einteilung in Produktklassen unter Beachtung der Unternehmensstruktur, und die allgemeine Verkehrsanschauung heranzuziehen".[3] Eine annähernde Gleichwertigkeit ist weder handels- noch steuerrechtlich ausdrücklich gefordert. Erhebliche Preisunterschiede zwischen einzelnen Vorratsgütern können jedoch Indiz für Unterschiede in der Beschaffenheit oder Funktion der Vermögensgegenstände und damit für die fehlende Gleichartigkeit sein, so auch R 6.9 Abs. 3 Satz 3, 4 EStR. Im Übrigen ist zweifelhaft, ob eine Gruppenbewertung von Vorratsgütern mit beträchtlichen Preisunterschieden bei signifikanten Strukturverschiebungen der gesetzlichen Forderung nach Einhaltung der GoB genügt.

 
Praxis-Beispiel

Wann kommt eine Gruppenbewertung in Betracht?

Typische Anwendungsfälle für eine Gruppenbewertung sind Waren verschiedener Größen, Farben oder Qualitätsstufen, Rohstoffe unterschiedlicher Provenienzen oder Sorten von in etwa gleicher Qualität und Fertigerzeugnisse, die unbeschadet ihrer abweichenden technischen Ausstattung oder äußeren Beschaffenheit dem gleichen Verwendungszweck dienen. Aufgrund des für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften obligatorischen getrennten Ausweises von Rohstoffen sowie unfertigen und fertigen Erzeugnissen ist bei diesen eine postenübergreifende Gruppenbildung ausgeschlossen.

[2] Vgl. hierzu Grottel/Krämer, in Ellrott u. a., Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 256 Anm. 82.

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