BMF, 11.12.2013, S 7100 - b/13/10001/IV D 2 - S 7100 - b/11/10001

Bezug: BMF-Schreiben vom 3.1.2012, IV D 2 – S 7100-b/11/10001 (2011/1037205) (BStBl 2012 I S. 76)

Mit Urteil vom 19.12.2012, XI R 38/10 (das Urteil wird zeitgleich im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlicht), hat der BFH entschieden, dass die Veräußerung eines Erbbaurechts mit aufstehendem, verpachteten Rehabilitationszentrum unter Fortführung des Pachtvertrags durch den Erwerber eine nicht der Umsatzsteuer unterliegende Geschäftsveräußerung im Ganzen darstellt. Für die Annahme eines „in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführten Betriebs” im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG komme es bei richtlinienkonformer Auslegung nicht darauf an, ob bei dem Veräußerer für das übertragene Erbbaurecht mit verpachtetem Gebäude vor der Veräußerung eine eigenständige betriebliche Organisation vorgelegen habe. Entgegen Abschnitt 1.5 Abs. 6 Satz 2 UStAE sei dabei auch nicht maßgeblich, ob der veräußerte Teil des Unternehmens einen für sich lebensfähigen Organismus gebildet habe, der unabhängig von den anderen Geschäften des Unternehmens nach Art eines selbständigen Unternehmens betrieben worden und nach außen hin ein selbständiges, in sich abgeschlossenes Wirtschaftsgebilde gewesen sei.

Daneben hat sich der EuGH mit Urteil vom 30.5.2013, C-651/11, HFR 2013 S. 754, zum Vorliegen einer nicht steuerbaren Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens bei der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen geäußert (Artikel 19 und 29 MwStSystRL). Nach den Kernaussagen des Urteils kann die Übertragung eines Gesellschaftsanteils – unabhängig von dessen Höhe – nur dann einer nicht steuerbaren Übertragung eines Teil- oder Gesamtvermögens gleichgestellt werden, wenn der Gesellschaftsanteil Teil einer eigenständigen Einheit ist, die eine selbständige wirtschaftliche Betätigung ermöglicht, und diese Tätigkeit vom Erwerber fortgeführt wird. Eine bloße Veräußerung von Anteilen ohne gleichzeitige Übertragung von Vermögenswerten versetze den Erwerber nicht in die Lage, eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit als Rechtsnachfolger des Veräußerers fortzuführen.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird Abschnitt 1.5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) vom 1.10.2010, BStBl 2010 I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 10.12.2013, IV D 3 – S 7279/10/10002 (2013/1141439), geändert worden ist, wie folgt geändert:

1.) Absatz 6 wird wie folgt geändert:
     
  a) Die Sätze 1 bis 3 werden wie folgt gefasst:
     
    1Ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb liegt vor, wenn der veräußerte Teil des Unternehmens vom Erwerber als selbständiges wirtschaftliches Unternehmen fortgeführt werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 19.12.2012, XI R 38/10, BStBl 2013 II S. …). 2Nicht entscheidend ist, dass bereits im Unternehmen, das eine Übertragung vornimmt, ein (organisatorisch) selbständiger Unternehmensteil bestand. 3Es ist nicht Voraussetzung, dass mit dem Unternehmen oder mit dem in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Teil in der Vergangenheit bereits Umsätze erzielt wurden; die Absicht, Umsätze erzielen zu wollen, muss jedoch anhand objektiver, vom Unternehmer nachzuweisender Anhaltspunkte spätestens im Zeitpunkt der Übergabe bestanden haben (vgl. BFH-Urteil vom 8.3.2001, V R 24/98, BStBl 2003 II S. 430).
     
  b) Satz 5 wird gestrichen.
     
2.) Absatz 9 wird wie folgt gefasst:
     
    „Gesellschaftsrechtliche Beteiligungen
     
    (9) 1Die Übertragung eines Gesellschaftsanteils kann – unabhängig von dessen Höhe – nur dann einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung gleichgestellt werden, wenn der Gesellschaftsanteil Teil einer eigenständigen Einheit ist, die eine selbständige wirtschaftliche Betätigung ermöglicht, und diese Tätigkeit vom Erwerber fortgeführt wird. 2Eine bloße Veräußerung von Anteilen ohne gleichzeitige Übertragung von Vermögenswerten versetzt den Erwerber nicht in die Lage, eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit als Rechtsnachfolger des Veräußerers fortzuführen (vgl. EuGH-Urteil vom 30.5.2013, C-651/11, HFR 2013 S. 754). ”

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für vor dem 1.4.2014 ausgeführte Umsätze wird es nicht beanstandet, wenn sich die am Umsatzgeschäft beteiligten Unternehmer bei der Beurteilung des jeweiligen Sachverhalts übereinstimmend auf Abschnitt 1.5 Abs. 6 bzw. Abschnitt 1.5 Abs. 9 UStAE in der am 10.12.2013 geltenden Fassung berufen. Zudem bleibt die Anwendung der Übergangsregelung in Rz. 7 des BMF-Schreibens vom 3.1.2012, IV D 2 – S 7100-b/11/10001 (2011/1037205), BStBl 2012 I S. 76, unberührt.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Besprechung zu dieser Verwaltungsanweisung

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1a

 

Fundstellen

BStBl I, 2013, 1625

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