Leitsatz

1. Der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG steht nicht entgegen, wenn der Unternehmer seine Leistungen nicht selbst gegenüber den Patienten ausgeführt und abgerechnet hat. Der Subunternehmer muss dann aber über einen eigenen nach § 4 Nr. 14 UStG erforderlichen Befähigungsnachweis verfügen.

2. Zu den personenbezogenen Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG gehört, dass der Steuerpflichtige entweder eine Einrichtung des öffentlichen Rechts ist oder eine Krankenanstalt i.S. dieser Bestimmung betreibt, die unter in sozialer Hinsicht vergleichbaren Bedingungen tätig ist.

3. Eine unmittelbare Berufung auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-Richtlinie (bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL) setzt voraus, dass der Steuerpflichtige "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene" Dienstleistungen ausgeführt hat und vom jeweiligen Mitgliedstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt ist.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 14, § 4 Nr. 16, § 4 Nr. 18 UStG, Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g 6. EG-RL, Art. 132 Abs. 1 Buchst. g Richtlinie 2006/112/EG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Diplom-Betriebswirt und als selbstständiger Dozent und Arbeitstherapeut tätig. Er war in den Streitjahren (2003 bis 2007) freiberuflicher Mitarbeiter im Bereich der Arbeitstherapie eines Arbeitstrainings- und Therapiezentrums. Das Therapiezentrum war eine Einrichtung zur medizinisch-beruflichen Rehabilitation psychisch erkrankter Erwachsener und Jugendlicher. Die Leistungen des Klägers dienten der Unterrichtung und Ausbildung psychisch kranker Menschen, um ihnen eine soziale und berufliche Integration zu ermöglichen oder zu erleichtern. Seine Leistungen rechnete er gegenüber dem Träger des Therapiezentrums ab. Das FA sah die Leistungen als steuerpflichtig an. Demgegenüber ging das FG von einer Steuerfreiheit aus (FG Saarland, Urteil vom 25.1.2012, 2 K 1039/10, Haufe-Index 3125774).

 

Entscheidung

Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben und die Klage abgewiesen, da die Anwendung der gemeinwohlbezogenen Steuerbefreiungen daran scheitert, dass der Kläger die insoweit jeweils erforderlichen unternehmerbezogenen Voraussetzungen nicht erfüllt.

 

Hinweis

Die Steuerbefreiungen für gemeinwohlbezogene Leistungen setzen voraus, dass der Unternehmer bestimmte personenbezogene Voraussetzungen erfüllt.

Als Heilbehandlung kann nur die Leistung desjenigen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG (§ 4 Nr. 14 UStG a.F.) steuerfrei sein, der Träger eines ärztlichen oder eines arztähnlichen Berufes ist. Pflegeleistungen sind nach § 4 Nr. 16 UStG nur steuerfrei, wenn die dort aufgeführten einrichtungsbezogenen Voraussetzungen vorliegen.

Dies entspricht auch der nach dem Unionsrecht bestehenden Rechtslage. So muss die steuerfreie Leistung im Bereich der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit gem. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-RL) durch eine Einrichtung des öffentlichen Rechts oder eine andere als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung erbracht werden. Zu berücksichtigen ist auch, dass die bei anderen Steuerbefreiungen zu beachtende freie Wahl des Organisationsmodells bei den gemeinwohlbezogenen Steuerbefreiungen im Hinblick auf die dort unternehmerbezogen zu erfüllenden Voraussetzungen weitgehend keine Bedeutung hat.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 8.8.2013 – V R 8/12

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