Leitsatz

Eine vertragswidrige private Pkw-Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft stellt in Höhe der Vorteilsgewährung eine vGA dar. Der Vorteil ist nicht gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG mit 1 % des Listenpreises, sondern nach Fremdvergleichsmaßstäben mit dem gemeinen Wert der Nutzungsüberlassung zuzüglich angemessenen Gewinnaufschlags zu bewerten (Bestätigung des Senatsurteils vom 23.02.2005, I R 70/04, BStBl II 2005, 882, BFH/PR 2005, 260).

 

Normenkette

§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG

 

Sachverhalt

Es ging um den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, der den Firmen-Pkw, einen Jaguar XJR V8 mit einem Bruttolistenpreis von seinerzeit rund 138 000 DM, privat genutzt hatte, obwohl ihm dies vertraglich ausdrücklich untersagt war.

Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt. Für bestimmte "auswärtige Betankungen, Betankungen an Sonn- und Feiertagen sowie die Betankungen an Wochenenden" konnte nach der Einschätzung einer Außenprüfung ein "betrieblicher Zusammenhang" von der Klägerin nicht dargelegt werden. Das FA setzte eine vGA nach der sogenannten 1%-Methode zzgl. USt einkommenserhöhend an.

Das FG gab der Klage statt (Haufe-Index 1492778, EFG 2006, 665).

 

Entscheidung

Der BFH war demgegenüber der Auffassung, es bedürfe einer Wertermittlung des Vorteils aus der verbotswidrig "angemaßten" Nutzung des Jaguar.

 

Hinweis

1. Es ist in der Praxis gang und gäbe, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung stellt. Beim Arbeitgeber führt dies im Umfang der tatsächlichen Betriebskosten zu abzugsfähigen Betriebsausgaben und bei dem Arbeitnehmer zu steuerpflichtigem Arbeitslohn, der im Regelfall pauschal für jeden Kalendermonat mit 1 % des Listenpreises des Fahrzeugs (§ 8 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 4 S. 2 EStG) zu versteuern ist. Gleichermaßen ist im Grundsatz zu verfahren, wenn dem Arbeitnehmer die Nutzung untersagt ist, er das Fahrzeug aber dennoch privat nutzt.

2. Handelt es sich in einem solchen Fall des Nutzungsverbots bei dem Arbeitgeber um eine GmbH und bei dem Arbeitnehmer um deren Geschäftsführer und zugleichGesellschafter, liegen die Dinge komplizierter. Über einen solchen Fall hatte der BFH zu entscheiden:

Die Betriebsaufwendungen stellen dann bei der GmbH steuerpflichtige vGA dar, der Gesellschafter-Geschäftsführer vereinnahmt keinen Arbeitslohn, sondern Kapitaleinkünfte.

3. Der BFH bemisst die vGA bei der GmbH nichtmit dem lohnsteuerrechtlichen Wert, sondern mit dem tatsächlichen Verkehrswert des Nutzungsvorteils und erhöht diesen Wert noch um einen Gewinnaufschlag. Denn für die Bewertung der vGA im Rahmen des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG auf der Ebene der Kapitalgesellschaft ist § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) nicht einschlägig. Der Vorteil ist hier vielmehr ausschließlich nach Fremdvergleichsmaßstäben zu bewerten, was i.d.R. zum Ansatz des gemeinen Werts führt und damit einen angemessenen Gewinnaufschlag einbezieht.

Der BFH bestätigt damit seine bisherige Rechtsprechung (Urteil vom 23.02.2005, I R 70/04, BStBl II 2005, 882, BFH/PR 2005, 260) und weicht zugleich von der Finanzverwaltung (OFD Frankfurt vom 21.11.2005, DB 2005, 2661; OFD Erfurt vom 03.11.2005, DStR 2006, 97) ab, die es jedenfalls nicht beanstandet, wenn die vGA sowohl bei der GmbH als auch bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer aus Vereinfachungsgründen ebenfalls mit 1 % des Listenpreises bewertet wird.

Bei der danach erforderlich werdenden Schätzung können – unter Beachtung einer angemessenen Bandbreite – die marktmäßigen Mietraten eines professionellen Fahrzeugvermieters nur grobe Orientierungspunkte liefern, weil Kapitalgesellschaften im Allgemeinen keine solchen Vermieter sind. Der Nutzungsüberlassende und der Nutzungsempfänger werden deswegen gemeinhin auf Kostenbasis abrechnen und sich etwaige Gewinnaufschläge teilen.

Merke also: Der "Preis" der Kfz-Nutzung ist durch Schätzung eigenständig zu ermitteln. Die 1%-Pauschalregelung ist körperschaftsteuerlich irrelevant.

4. Erwähnenswert ist noch ein "methodischer" Aspekt des Urteils:

Mit seiner Annahme einer vGA wich der I. Senat des BFH von dem (für die LSt zuständigen) VI. Senat des BFH ab, der bislang in der Inanspruchnahme des Pkw-Nutzungsvorteils auch bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer keine Kapitaleinkünfte gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG, sondern Arbeitslohn gem. § 19 EStG angenommen hatte (vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 19.12.2003, VI B 281/01, BFH/NV 2004, 488). Die Frage nach der (betrieblichen oder gesellschaftlichen) Veranlassung der Zuwendung kann jedoch prinzipiell nicht unterschiedlich beantwortet werden. Diese Grundfrage stimmt hier wie dort überein.

Der I. Senat hatte deswegen beim VI. Senat eine Divergenzanfrage (vgl. § 11 Abs. 3 FGO) gerichtet, und der VI. Senat ist auf die Linie des I. Senats eingeschwenkt. Hier besteht nun ebenso Gleichklang, wie das z.B. bei Arbeitsvergütungszuschlägen für Überstunden, Sonn- und Feiertagsarbeit der Fall ist (vgl. einerseits aus Sicht der Kapita...

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