Leitsatz

Versicherungsbeiträge, die mittelbar über eine konzernfremde Erstversicherung (Fronter) an eine konzerneigene Rückversicherungsgesellschaft (Rückversicherungs-Captive) geleistet werden, stellen keine vGA dar, wenn es sich bei dem Fronter nicht um eine eigenwirtschaftlich funktionslose Kapitalgesellschaft handelt und für die Zwischenschaltung beachtliche wirtschaftliche Gründe vorliegen.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, § 42 AO

 

Sachverhalt

Gesellschafterin der Klägerin, einer GmbH, war eine Holding, deren Anteile ihrerseits von einer in Luxemburg ansässigen Holding gehalten wurden. Deren Anteilseignerin wiederum war eine liechtensteinische Stiftung.

Für die von der Unternehmensgruppe betriebenen Holzspanplattenwerke bestanden für das sog. FLEXA-Risiko (Feuer, Explosion, Blitz, Anprall von Flugzeugen und Flugkörpern) auf der Grundlage eines mit einem Versicherungskonsortium unter Führung der V AG abgeschlossenen Rahmenvertrags verschiedene Sach- und Betriebsunterbrechungsversicherungen. Unter dem Eindruck eines im Jahr 2001 in einem Werk der Unternehmensgruppe eingetretenen großen Schadensfalls war die V AG nicht mehr bereit, die Versicherungsverträge zu den bisherigen Bedingungen fortzuführen.

Nachdem Versuche der Klägerin gescheitert waren, auf dem internationalen Versicherungsmarkt Alternativangebote von anderen Versicherungsunternehmen für den Abschluss entsprechender Versicherungsverträge zu erhalten, wurde wie folgt verfahren:

Eine nicht an der Klägerin beteiligte Gesellschaft der Unternehmensgruppe gründete auf der Isle of Man eine private company limited by shares (K Ltd.) als Captive, deren Gewinne nicht der Besteuerung unterfielen.

Sodann erteilte die V AG der Klägerin den gewünschten Versicherungsschutz. Die V AG schloss mit der K Ltd. einen Rückversicherungsvertrag. Die K Ltd. hatte nach den vertraglichen Regelungen eine Provision an die V AG zu zahlen. Zudem hatte sie nach den Vereinbarungen einen sog. "Letter of Credit" bereitzustellen, damit im Schadensfall gewährleistet sei, dass sie ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag auch erfüllen konnte.

Das FA vertrat die Auffassung, die Versicherungsverträge zwischen der Klägerin und der V AG einerseits sowie der V AG und der K Ltd. andererseits seien als Gesamtheit zu beurteilen. Bei wirtschaftlicher Betrachtung habe die V AG damit das Versicherungsrisiko in vollem Umfang an die Unternehmensgruppe zurückgeben können. Die Zahlungen seien deshalb mangels einer steuerlich anzuerkennenden Geschäftsbeziehung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und als vGA, hilfsweise als Gestaltungsmissbrauch anzusehen.

Die anschließende Klage war erfolgreich (FG Münster, Urteil vom 14.12.2010, 9 K 3692/08 K,G,F, Haufe-Index 2675767, EFG 2011, 1183).

 

Entscheidung

…, und das blieb sie auch vor dem BFH: Dieser bestätigte das FG. Eine vGA läge nicht vor, weil die konzernfremde V AG eigenbetrieblich agiere und nicht lediglich als "Briefkasten" zwischengeschaltet sei.

 

Hinweis

1. Es ging um die Versicherungsbeiträge, die mittelbar über einen konzernfremden Erstversicherer, dem sog. Fronter, an eine konzerneigene Rückversicherungsgesellschaft, der Captive Reinsurance, geleistet wurden.

Zu diesem "Modell" sei aus Gablers Wirtschaftslexikon zitiert:

„Begriff: Form des alternativen Risikotransfers zur (externen) Selbstversicherung. Versicherungsgesellschaft, die ein nicht in der Versicherungswirtschaft tätiges Unternehmen (oder eine Gruppe) gründet. Eine Erstversicherungs-Captive (Direct Insurance Captive) übernimmt direkt die Risiken des Unternehmens bzw. Konzerns. Eine Rückversicherungs-Captive (Reinsurance Captive) übernimmt die Risiken des Unternehmens bzw. Konzerns über einen zugelassenen Erstversicherer im Rahmen eines Fronting. Eine Pure Captive deckt ausschließlich die Risiken des eigenen Unternehmens. Werden auch Risiken fremder Unternehmen versichert, so wird von einer Broad Captive bzw. Open-Market Captive gesprochen. …

Ziele: Neben der Gewinnung von (zusätzlicher) Deckungskapazität für neuartige Risiken und eines Zugangs zum internationalen bzw. globalen Rückversicherungsmarkt als Versicherungsgesellschaft ist es vorrangiges Ziel, das Kapitalmanagement zu optimieren. Hierzu zählen Effizienzgewinne, indem das Unternehmen bestimmte Risiken selbst trägt und damit durch Preisvorteile bei der Selbstversicherung von Konzernrisiken Kosten einspart. Einbehaltende Versicherungsprämien bzw. ausgeschüttete Dividenden führen zu einer Cash-flow-Steigerung. Die Nutzung vorteilhafter steuer- bzw. aufsichtsrechtlicher Rahmenbedingungen ist durch die Sitzlandwahl beeinflussbar. Beliebte Hauptsitze für sog. Offshore (Re)Insurances sind Bermuda (Bermuda (Re)Insurance) und andere als ‚Offshore’ bezeichnete Standorte (z.B. Cayman Islands, Barbados, Irland).”

Weitere Einzelheiten zum konkreten Geschehensablauf und der filigran ersonnenen Konstruktion lassen sich zum einen der Sachverhaltsdarstellung ­entnehmen, zum anderen der allgemeinen und erhellenden Darstellung von Franz in BB 2011, ...

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