Leitsatz

1. Für die Frage, ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer als Arbeitnehmer i.S.v. § 1 Abs. 2 S. 1 und 2 LStDV zu beurteilen ist, ist nicht entscheidend, in welchem Verhältnis er an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist.

2. Allerdings sind Gesellschafter-Geschäftsführer, die mindestens 50 % des Stammkapitals der GmbH innehaben, regelmäßig Selbstständige i.S.d. Sozialversicherungsrechts (Anschluss an BFH-Urteil vom 02.12.2005, VI R 16/03, BFH/NV 2006, 544).

3. Ist die private Nutzung eines betrieblichen Pkw durch den Gesellschafter-Geschäftsführer im Anstellungsvertrag mit der GmbH ausdrücklich gestattet, kommt der Ansatz einer vGA in Höhe der Vorteilsgewährung nicht in Betracht. Nach übereinstimmender Auffassung des I. Senats und des VI. Senats des BFH liegt in einem solchen Fall immer Sachlohn und keine vGA vor.

4. Dagegen ist eine vertragswidrige private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer nicht stets als Arbeitslohn zu qualifizieren (Senats-Beschluss vom 15.11.2007, VI ER-S 4/07).

5. Bei einer nachhaltigen "vertragswidrigen" privaten Nutzung eines betrieblichen Pkw durch den anstellungsvertraglich gebundenen Gesellschafter-Geschäftsführer liegt allerdings der Schluss nahe, dass Nutzungsbeschränkung oder -verbot nicht ernstlich gewollt sind, sondern lediglich "auf dem Papier stehen". Unterbindet die Kapitalgesellschaft die unbefugte Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer nicht, kann dies sowohl durch das Beteiligungsverhältnis als auch durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sein. Die Zuordnung (vGA oder Arbeitslohn) bedarf der wertenden Betrachtung im Einzelfall.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 8 Abs. 2 S. 3, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein mit 65 % beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, hatte von der GmbH einen betrieblichen Pkw zur Verfügung. Nach dem Anstellungsvertrag durfte er den Pkw auch privat nutzen.

Nach einer LSt-Außenprüfung erließ das FA gegen die GmbH wegen des geldwerten Vorteils aus der Pkw-Überlassung einen Haftungsbescheid über LSt. Die dagegen erhobene Klage wies das FG zurück (FG Hamburg, Urteil vom 10.11.2006, 1 K 15/06, Haufe-Index 1680933, EFG 2007, 766).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung wie in den Praxishinweisen dargestellt.

 

Hinweis

Der Besprechungsfall wirft zwei Fragen auf: (1.) ist ein mehrheitlich beteiligter GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer Arbeitnehmer? (2.) ist der Vorteil der Pkw-Nutzung durch das Arbeitsverhältnis oder durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst? Die Entscheidung hat ihren Schwerpunkt in den Ausführungen zur zweiten Frage, welcher Einkunftsart die nachhaltige vertragswidrige private Pkw-Nutzung des Geschäftsführers zuzuordnen ist (dazu schon BFH-Beschluss vom 23.04.2009, VI B 118/08, BFH/NV 2009, 1188, BFH/PR 2009, 283).

1. Unabhängig von der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung bejahte der BFH die einkommensteuerrechtliche Arbeitnehmereigenschaft des Klägers mit seiner ständigen Rechtsprechung keine Aufzählung feststehender Merkmale, sondern offener Typusbegriff, der eine auf tatrichterlichem Gebiet liegende und revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbare Beurteilung erfordert; die arbeitsrechtliche und die einkommensteuerliche Beurteilung dazu müssen sich nicht decken.

2. Es ist keine Frage, dass die private Pkw-Nutzung bei ausdrücklicher Nutzungsgestattung Arbeitslohn und keine vGA ist. In diesen Fällen fehlt eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis. Das entspricht der Auffassung des VI. und des I. Senats des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 23.01.2008, I R 8/06, BFH/NV 2008, 1057, BFH/PR 2008, 307; vom 17.07.2008, I R 83/07, BFH/NV 2009, 417, BFH/PR 2009, 94). Die unbefugte Privatnutzung hat dagegen keinen Lohncharakter. Denn ein solcher Vorteil wird nicht "für" eine Beschäftigung vom Arbeitgeber gewährt. Nutzungen, die ohne Vereinbarung erfolgen, die darüber hinausgehen oder einem ausdrücklichen Verbot widersprechen, sind dagegen durch das Gesellschaftsverhältnis zumindest mit veranlasst. Deshalb ist nach der neuen Rechtsauffassung des VI. Senats des BFH die vertragswidrige private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer nicht stets als Arbeitslohn zu qualifizieren (BFH, Beschluss vom 23.04.2009, VI B 118/08, BFH/NV 2009, 1188, BFH/PR 2009, 283 m.w.N.).

Allerdings besteht bei einer gesellschaftsrechtlichen Mitveranlassung kein Vorrang für die Beurteilung als vGA. Denn bei solchen nachhaltigen "vertragswidrigen" privaten Nutzungen gerade durch den Gesellschafter-Geschäftsführer könnten Nutzungsbeschränkungen oder -verbote möglicherweise nicht ernstlich gemeint sein, sondern lediglich "auf dem Papier stehen". Denn üblicherweise duldet ein Arbeitgeber eine unbefugte Nutzung durch den Arbeitnehmer nicht. Dann kann die Duldung durch den Arbeitgeber (die Kapitalgesellschaft) sowohl im Beteiligungsverhältnis als auch im Arbeitsverhältnis wurzeln. Das erfordert eine umf...

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