Zusammenfassung

 
Begriff

Die Vertragsstrafe ist i.d.R. eine festgelegte pauschale Geldsumme, die dann zu zahlen ist, wenn die vereinbarte Leistung nicht oder nicht richtig erbracht wird oder – im Falle einer strafbewehrten Unterlassungserklärung – wenn eine unerlaubte Handlung nicht unterlassen wird. Synonyme für die Vertragsstrafe sind z. B. Konventionalstrafe oder Strafversprechen. Der Beitrag gibt einen Überblick über wirksame und unwirksame Vertragsstrafenregelungen, deren Anwendungsbereiche in der Praxis und die Rechtsfolgen bei Verwirkung.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die Vertragsstrafe ist in den §§ 339 bis 345 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Findet sich eine Vertragsstrafe in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), ist § 309 Satz 1 Nr. 6 BGB zu beachten, der eine Vertragsstrafe gegenüber Verbrauchern weitestgehend verbietet. Ein weiteres gesetzliches Vertragsstrafenverbot gilt im Wohnraum-Mietrecht (§ 555 BGB). Ansonsten gibt die Rechtsprechung Aufschluss über die Bewertung von Vertragsstrafen. Die RL 93/13/EWG verbietet auf europäischer Ebene Bestimmungen, durch die der Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, ein unverhältnismäßig hoher Entschädigungsbetrag auferlegt wird. Der AGB-Schutz vor Schadenspauschalen und unangemessenen Vertragsstrafen (§§ 309 Satz 1 Nr. 5, 6, 307 BGB) leistet dem deutschen Recht ausreichend Genüge.

1 Sinn und Zweck einer Vertragsstrafe

Die Vertragsstrafe verfolgt zwei Zielrichtungen:

  • auf den Schuldner soll zusätzlicher Druck ausgeübt werden, damit er seine versprochene Leistung überhaupt, rechtzeitig und wie vereinbart erbringt (Druckmittel),
  • dem Gläubiger soll der konkrete Schadensnachweis erspart werden, den er führen müsste, wenn er nur Anspruch auf Schadensersatz hätte (Kompensationsfunktion).

Sinnvoll ist eine Vertragsstrafenregelung dann, wenn die genaue Einhaltung des Vertrages für den Gläubiger ganz besonders wichtig ist.

 
Praxis-Beispiel

Einzug zum Stichtag

Familie Krüger lässt sich ein Eigenheim erbauen und möchte zum 1. Juli 2023 einziehen. Die Einhaltung dieses Termins hat das ausführende Bauunternehmen zugesichert bei Vertragsstrafenzahlung in Höhe von 300 EUR pro Tag der Verzögerung. Familie Krüger hat die bisher gemietete Wohnung zum 30. Juni 2023 gekündigt und ist daher auf fristgerechte Fertigstellung angewiesen. Tritt im schlimmsten Fall dennoch eine Verzögerung ein, ist die Kompensation durch die vereinbarte Vertragsstrafe einfach festgestellt und kalkulierbar und dadurch – im Verhältnis zum Schadensersatz – leicht vom Bauunternehmen einforderbar. Das durch die Verzögerung notwendige "Zwischenwohnen" kann so einfacher und sicherer für Familie Krüger finanziert werden.

Ganz eng beieinander liegen Vertragsstrafen und sog. Schadenspauschalierungen, die ebenfalls die vereinfachte Durchsetzung des Schadens ohne Schadensbeweis bezwecken. Für die Abgrenzung ist entscheidend, ob es auch und vor allem darum geht, Druck auf den Schuldner zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit auszuüben. Nur dann handelt es sich um eine Vertragsstrafe.

2 Wirksames Zustandekommen und Inhalt

2.1 Vertragliche Abrede

Zu einer Vertragsstraferegelung gehören immer Zwei, d. h. sie muss vertraglich vereinbart werden und kann niemals einseitig bestimmt werden.[1] Es ist möglich ein Strafversprechen in AGB aufzunehmen.

 
Wichtig

Vertragsstrafeklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Sind Vertragsstraferegelungen in AGB enthalten, kommen sie auf den Prüfstand der §§ 305 ff. BGB. Sie sind im Verhältnis Unternehmer Privatkunde weitestgehend untersagt, weil sie den Kunden zu stark belasten (§ 307 BGB). Das Gesetz geht davon aus, dass die Unternehmerinteressen durch Schadenspauschalierungen ausreichend geschützt sind.

Für den üblichen Fall, dass der Kunde Geld für eine vom AGB-Verwender zu erbringende Sach- oder Dienstleistung zahlt, begründet das Gesetz daher für die meisten denkbaren Vertragsverletzungen des Verbrauchers ein Vertragsstrafenverbot, nämlich

  • für die Fälle, dass die Leistung entweder gar nicht oder verspätet abgenommen wird,
  • für den Zahlungsverzug und
  • für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst (§ 309 Nr. 6 BGB).

Ist es der Kunde, der eine Sach- oder Dienstleistung schuldet, sind Strafklauseln nur verboten, wenn sie an die Lösung vom Vertrag oder die Nichtannahme des Entgelts (!) anknüpfen.[2]

Man ist sich weitgehend einig, dass das Verbot des § 309 Nr. 6 nur im Verhältnis zum Verbraucher gilt und auf Geschäfte zwischen Unternehmern nicht angewandt werden kann. Aber auch hier können Strafklauseln unwirksam sein, wenn sie den Schuldner unangemessen benachteiligen (§ 307 BGB), v.a. wenn sie mit Blick auf den Verletzungstatbestand übermäßig hoch angesetzt sind. Das hat der BGH z. B. in einem Fall bestätigt, in dem es um sog. "Schlemmerblöcke" ging. Dabei handelt es sich um ein Geschäftsmodell, bei dem Gastronomen Werbeanzeigen in einem Gutscheinblock schalten dürfen und im Gegenzug versprechen, Gutscheine von Kunden für vergünstigte Mahlzeiten einzulösen. Eine Vertragsstrafe i. H. v. 2.500 EUR pro Verstoß, ohne dass nach dessen Schwere oder Art diffe...

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