Um erklärungsempfanngenden Personen keine Ungewißheit und keinen Schwebezustand zuzumuten, besteht auch bei der Ausübung von Gestaltungsrechten ein grundsätzliches Verbot, die Geltendmachung eines solchen Rechtes an Bedingungen zu knüpfen.[1] Zu Gestaltungsrechten zählen Rechte, mit denen Vertragsbeziehungen durch eine Partei einseitig gestaltet werden können, wie es z. B. bei Kündigung, Aufrechnung oder Rücktritt der Fall ist. Unbedenklich sind aber Bedingungen, deren Eintritt der erklärungsempfängenden Personen selbst beeinflussen können, insbesondere sog. Potestativbedingungen, deren Eintritt allein vom Willen der erklärungsempfangenden Personen abhängen.[2] Nicht schädlich sind auch sog. Rechtsbedingungen, die lediglich die rechtlichen Voraussetzungen wiederholen. Bei ihnen handelt es sich um keine echten Bedingungen. Echte Bedingungen zeichnen sich dadurch aus, dass eine Rechtswirkung von einem zukünftigen, ungewissen Ereignis abhängig gemacht wird. Im Folgenden werden die für die Steuerberatung bedeutendsten Gestaltungsbefugnisse näher dargestellt.

[2] Vgl. Ellenberger, in Palandt, BGB, 2016, Einf. v. § 158 BGB, Rz. 13.

5.2.1 Aufrechnung

Die Aufrechnungserklärung ist bedingungs- und befristungsfeindlich.[1] Allerdings ist es zulässig, innerhalb eines Prozesses hilfsweise aufzurechnen, sollte das Gericht zu dem Ergebnis kommen, dass die bestrittene Forderung besteht, da es sich hier um eine Rechtsbedingung (ob die bestrittene Forderung besteht, steht objektiv fest und ist lediglich vom Gericht festzustellen) und nicht um eine echte Bedingung handelt.[2]

[2] Vgl. Grüneberg, in Palandt, BGB, 2016, § 388 Rz. 3.

5.2.2 Anfechtung einer Willenserklärung

Die Anfechtung der Willenserklärung, mit der Wirksamkeit der abgegebenen Willenserklärung beseitigt wird, kann, ohne dass dies im Gesetz ausdrücklich geregelt ist, nicht unter einer Bedingung oder befristet erklärt werden. Auch hier soll Klarheit darüber bestehen, ob die Willenserklärung wirksam ist. Angefochten werden können Willenserklärungen insbesondere bei Vorliegen bestimmter Irrtümer nach §§ 119 ff BGB und bei arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung nach § 123 f BGB.

5.2.3 Rücktritt vom Vertrag

Durch den Rücktritt wird ein bereits wirksam zustande gekommener Vertrag einseitig durch eine Partei rückgängig gemacht. Die Befugnis dazu kann sich aus dem Gesetz ergeben, z. B. aus § 437 Ziff. 2 BGB bei Sachmangel oder aufgrund vertraglicher Vereinbarungen. Die Ausübung des Rücktrittsrechts ist ein Gestaltungsrecht. Im Interesse der erklärungsempfangenden Person, die Klarheit darüber haben soll, ob der Vertrag weiterhin besteht, ist die Rücktrittserklärung grundsätzlich bedingungsfeindlich. Allerdings ist ein bedingter Rücktritt unbedenklich, wenn durch den Rücktritt für die andere Partei keine unzumutbare Ungewissheit über die Rechtslage entsteht.

5.2.4 Kündigung eines Vertrages

Vor allem Verträge, die über eine längere Zeit laufen, können unter bestimmten Voraussetzungen fristgerecht, manchmal auch fristlos gekündigt werden. Auch hier ist zu beachten, dass die Erklärung der Kündigung grundsätzlich bedingungs- und befristungsfeindlich ist, um Klarheit darüber zu geben, ob der Vertrag, z. B. Mietvertrag, gekündigt wurde.

 
Praxis-Tipp

Wirksamkeit einer Kündigung

Kündigung können oft nur innerhalb bestimmter Fristen erklärt werden. Wird in eine Kündigung unzulässigerweise eine Bedingung aufgenommen wird, ist die Kündigung unwirksam. Das bedeutet, es wird so getan, als wenn keine Kündigung erklärt worden wäre. Dies kann auch für die Besteuerung weitreichende Folgen haben, da bei fehlschlagender Kündigung grundsätzlich auch die Finanzverwaltung davon ausgeht, dass das betreffende Rechtsgeschäft, z. B. der Miet- oder Darlehensvertrag, weiterhin Bestand hat. Deshalb sollten auch Steuerberaterinnen/Steuerberater die Frage der Wirksamkeit einer Kündigung nicht aus den Augen verlieren.

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