Nach dem Grunderwerbsteuergesetz entsteht die Steuer in der Regel nach § 1 Nr. 1 i. V. m. 14 GrEStG mit dem Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages, z. B. Kaufvertrag, der einen Anspruch auf Übereignung des Eigentums begründet. Nicht entscheidend ist zunächst, ob es zu einer Übereignung des Grundvermögens kommt; maßgebend für die Besteuerung ist allein die Begründung der schuldrechtlichen Verpflichtung auf Übereignung. Wird im schuldrechtlichen Vertrag, beispielsweise im Kaufvertrag, vereinbart, dass der Anspruch auf Übereignung nur bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses (aufschiebende Bedingung) entstehen soll, hat dies, wie § 14 Ziff. 1 GrEStG zeigt, entscheidenden Einfluss auf die Entstehung der Grunderwerbsteuer.[1]

 
Praxis-Beispiel

Grunderwerbsteuer bei vereinbarter Bedingung

Isabell Tuchel, die in Berlin ihr Studium beendet hat, wird eine attraktive Arbeitsstelle in Freiburg zum 1.2. angeboten. Sie mietet dort eine Wohnung an, die zum Verkauf ausgeschrieben ist. Mit dem Verkäufer schließt sie einen notariell beurkundeten Kaufvertrag über diese Wohnung, der erst wirksam werden soll, wenn ihre neue Arbeitgeberin sie nach ihrer Probezeit von 6 Monaten unbefristet übernimmt. Sie übersteht erfolgreich die Probezeit und wird unbefristet übernommen.

Mit der erfolgreichen Beendigung der Probezeit zum 1.8. ist die Bedingung, an die der Kaufvertrag geknüpft war, eingetreten. Damit entsteht nach § 14 GrEStG die Grunderwerbsteuer.

Anders wäre die Rechtslage, wenn der Kaufvertrag zunächst wirksam abgeschlossen worden wäre, aber seine Wirkungen durch die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung entfallen sollte, falls Tuchel während der Probezeit gekündigt wird. In diesem Fall wäre die Grunderwerbsteuer bereits mit Abschluss des Kaufvertrags entstanden. Allerdings könnte bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 16 GrEStG die bereits festgesetzte Steuer aufgehoben werden, bzw. wenn sie noch nicht festgesetzt wurde, deren Nichtfestsetzung beantragt werden, wenn die auflösende Bedingung eintritt. Übrigens: die 2-Jahresfrist gilt nicht für den Fall einer auflösenden Bedingung nach § 16 Abs. 2 Ziff. 3, sondern nur in den Fällen eines Rückerwerbs nach § 16 Abs. 2 Ziff. 1 GrEStG.

Die Unterschiede im Hinblick auf die Vereinbarung einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung zeigen, dass aus Sicht der Grunderwerbsteuer die Aufnahme einer aufschiebenden Bedingung vorteilhafter ist, weil dadurch die Entstehung der Grunderwerbsteuer verschoben wird. Wird eine auflösende Bedingung vereinbart, entsteht die Steuer sofort; bei Bedingungseintritt bleibt nur das wesentlich schwächere Instrument der Nichtfestsetzung oder Aufhebung der Steuerfestsetzung nach § 16 GrEStG.

Wird in dem Kaufvertrag eine Frist (Zeitbestimmung) aufgenommen, nach der der Kaufvertrag erst nach deren Ablauf wirksam werden soll, hindert dies nicht die Entstehung der Grunderwerbsteuer im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages. Die Finanzverwaltung hält diesen Unterschied zwischen Befristung und aufschiebender Bedingung für gerechtfertigt, weil bei einer Befristung sowohl der Erwerb als solcher als auch der Zeitpunkt des Erwerbes feststehe. Bei einer aufschiebenden Bedingung – so die Argumentation der Finanzverwaltung – ist bereits das "ob" des Erwerbsvorgangs zweifelhaft, da bei einer Bedingung stets auf ein im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch ungewisses Ereignis abgestellt wird. Bei einer Befristigung ist demgegenüber der Eintritt des Ereignisses sicher, lediglich der Zeitpunkt kann unsicher sein (z. B. Tod eines Menschen).[2] Die Rechtsprechung ist dieser Unterscheidung bislang gefolgt.[3]

Das bedeutet auch, dass mit Abschluss des Kaufvertrages die Grunderwerbsteuer entsteht, selbst wenn der Zahlungsanspruch noch nicht fällig ist, etwa weil vor Übereignung noch grundbuchrechtliche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, wie z. B. das Anlegen von neuen Grundbuchblättern bei der Umwandlung eines Wohnhauses in Eigentumswohnungen. Hierauf sollten die erwerbenden Parteien achten, und die sehr schnell zu zahlende Grunderwerbsteuer bei der Finanzierungsplanung berücksichtigen. Zwar schulden gegenüber dem Finanzamt grundsätzlich alle am Verkaufsvorgang beteiligten Parteien, in der Regel verpflichtlichen sich die kaufenden Parteien zur Zahlung der Grunderwerbsteuer. Die Eintragung ins Grundbuch erfolgt in der Regel ohnehin erst nach Zahlung der Grunderwerbsteuer.[4]

Das der mietenden Partei bei der Umwandlung nach § 577 BGB eingeräumte Vorkaufsrecht stellt ebenfalls keine aufschiebende Bedingung dar, so dass die Grunderwerbsteuer oftmals schon festgesetzt wird, obwohl die 2-monatige Frist, während der das Vorkaufsrecht in Anspruch genommen werden kann, noch gar nicht abgelaufen ist. Angesichts der steigenden Steuersätze bei der Grunderwerbsteuer ist diese Besonderheit unbedingt zu berücksichtigen.

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