Aus betriebswirtschaftlicher Sicht werden Verrechnungspreise als Wertansätze, zu denen Leistungen zwischen Teilbereichen eines Unternehmens ausgetauscht werden, definiert. Der Austausch von Leistung und Kosten findet direkt zwischen beiden beteiligten Kostenstellen statt. Wie die Kostenstelle in die Hierarchie oder Organisation eingebunden ist, spielt zunächst keine Rolle. Jede Kostenstelle kann verschiedenen Bezugsobjekten (z. B. Produktgruppe, Region, Vertriebsweg, Sparte, Legaleinheit) direkt zugeordnet sein. Für die verbundenen Bezugsobjekte können die Kosten der Leistung als Einzelkosten ausgewiesen werden. Dadurch lassen sich aussagekräftige mehrdimensionale Ergebnisrechnungen aufbauen. Für viele Firmen ist es gesetzlich vorgeschrieben, mindestens zwei dieser Rechnungen im Geschäftsbericht auszuweisen („Segmentberichterstattung”). Verrechnungspreise erzeugen dadurch Transparenz über Leistungsgeber und -nehmer und dienen der Gewinnermittlung.

Die Kosten und/oder das Ergebnis beeinflussen die Zielerreichung der Bonusvereinbarung der Mitarbeiter. Ihr Eigeninteresse wird auf diese Weise mit dem Firmeninteresse verbunden. Das dient der Motivation und der Anreizsteuerung. Der Mitarbeiter handelt so, dass – idealerweise – sein Bonus maximiert und dabei zugleich das Unternehmensergebnis verbessert wird, wodurch zwei Funktionen gleichzeitig erfüllt werden: die der Lenkung und der Koordination. Letztlich soll der Konzerndeckungsbeitrag maximiert werden („Vergrößerung des Kuchens”). Die verschiedenen in der Abbildung 2 dargestellten betriebswirtschaftlichen Funktionen sind damit „Mittel zum Zweck”. Der effiziente Ressourceneinsatz ist der Schlüssel zur Ergebnisverbesserung. Die dafür nötigen Informationen werden nicht an die Zentrale übermittelt. Vielmehr wird die Entscheidung über den Einsatz von Ressourcen an die dezentralen Einheiten delegiert. Im Idealfall findet eine begrenzte und reglementierte Selbststeuerung über den Preis statt. Deshalb wird manchmal von „internen Märkten” gesprochen.

Normative Vorgaben werden in diesem Bereich – wenn überhaupt – nur unternehmensintern festgelegt, jedoch in den meisten Branchen[1] nicht durch den Gesetzgeber bzw. durch öffentliche Stellen. Vielfach ist die Ausgestaltung der Leistungsverrechnung zusammen mit dem Unternehmen „historisch gewachsen”. Für aufkommende Ad-hoc-Fragestellungen wurden häufig Einzelfalllösungen implementiert. So sind in vielen Unternehmen unvollständige und inkonsistente Leistungsverrechnungssysteme entstanden. Dort, wo Aufwand und Nutzen nicht mehr erkennbar sind, scheinen Umlagen oft eine einfache Alternative zu sein. Vielen Beteiligten ist nicht klar, wie viele Fehlinformationen und negative Anreize damit erzeugt werden. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wäre es vielfach besser, einen Teil der Kosten nicht einer anderen Kostenstelle zu belasten. Schließlich sind weder Umlagen noch Verrechnungspreise vorgeschrieben. Effektivität und Effizienz sollten über den Einsatz sekundärer Kosten, d. h. weiter belasteter Kosten, entscheiden.

Ausführliche Erläuterungen zur Wirkung von VP aus betriebswirtschaftlicher Sicht finden sich in Teil C.

[1] Als Ausnahmen gelten regulierte Branchen, die ihre betriebswirtschaftlichen VP teilweise nicht frei wählen dürfen, wie z. B. Telekommunikation, Pharma, Verteidigung.

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