Rz. 63

Verrechnungspreise bei Eigenhändlern. Der Eigenhändler erwirbt Eigentum an den von ihm vertriebenen Produkten. Sein (Roh-) Gewinn ermittelt sich somit als Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis der vertriebenen Produkte. Der Verrechnungspreis wird im Falle des Eigenhändlermodells nach der Preisvergleichsmethode unter Berücksichtigung der Handelsstufe, nach der Wiederverkaufspreismethode oder nach der TNMM ermittelt. Nach Rechtsprechung des BFH sind Verrechnungspreise gegenüber Vertriebsgesellschaften regelmäßig nach der Wiederverkaufspreismethode zu ermitteln.[1] Die Höhe der angemessenen EBIT-Marge des Eigenhändlers ist dabei vom Umfang der von ihm übernommenen Funktionen und Risiken sowie von weiteren Faktoren, z. B. Existenz von Hersteller- oder Handelsmarken, Marktverhältnisse im lokalen Markt, Kostensituation der Vertriebsgesellschaft, Vertriebsbedingungen, abhängig. Das jeweilige Funktions- und Risikoprofil (Fully-Fledged-Distributor versus Low-Risk-Distributor) bestimmt die Gewinnteilhabe. Dementsprechend gebührt dem Low-Risk-Distributor eine an seinem eingeschränkten Funktions- und Risikoprofil ausgerichtete, geringere Nettomarge. Zudem kommt für Vertriebsgesellschaften, die als "Strategieträger" einzustufen sind, die Anwendung der Kostenaufschlagsmethode in Betracht, um die Verrechnungspreise vorgelagerter Wertschöpfungsstufen kostenorientiert zu bestimmen.

 

Rz. 64

Verrechnungspreise bei Kommissionären. Der Kommissionär erwirbt im Gegensatz zum Eigenhändler kein Eigentum an den von ihm vertriebenen Produkten. Die Kommissionärsprovision für die (Vermittlungs-)Dienstleistungen des Kommissionärs kann hierbei sowohl kosten- als auch umsatzabhängig ausgestaltet sein. In vielen Fällen erhält der Kommissionär eine Provision zwischen 3 % und 7 % vom Umsatz, wenn daneben kein Kostenersatz vereinbart wird. Bei einem zusätzlichen Kostenersatz kommt häufig eine Provisionsbandbreite zwischen 0,5 % und 5 % zur Anwendung.[2] Da die Ermittlung angemessener Kommissionärsprovisionen in der Verrechnungspreispraxis – mangels Vergleichstransaktionen – auf Basis der Preisvergleichsmethode oftmals nicht möglich ist, kommt zur Ermittlung der Kommissionärsprovision häufig die Kostenaufschlagsmethode zur Anwendung. Dies ist insofern sachgerecht, als es sich bei der Kostenaufschlagsmethode um die Regelmethode zur Ermittlung von Verrechnungspreisen für Dienstleistungen handelt und der Kommissionär eine vertriebsbezogene Dienstleistung erbringt. Die Anwendung der Kostenaufschlagsmethode steht in Einklang mit der Auffassung der Finanzverwaltung.[3] Da der Kommissionär lediglich eine Routinefunktion ausübt, wird in der Verrechnungspreispraxis in Kommissionärsfällen i. d. R. ein Gewinnaufschlag i. H. v. 5 % bis 10 % angewandt.

 

Rz. 65

Verrechnungspreise bei Handelsvertretern. Die Bestimmung der Handelsvertretervergütung für die erbrachten Vermittlungsleistungen erfolgt in der Verrechnungspreispraxis mangels am Markt ermittelbarer branchenspezifischer Handelsvertreterprovisionen regelmäßig anhand der Kostenaufschlagsmethode. Hierdurch wird dem Handelsvertreter ein weitgehend risikoloser Gewinn zugeordnet. Aufgrund des geringen Umfangs der vom Handelsvertreter übernommenen Funktionen und Risiken ist diese Vergütung geringer als die Handelsspanne des Eigenhändlers und die Kommission des Kommissionärs.

[1] Vgl. BFH, Urteil v. 17.10.2001, I R 103/00, BStBl 2004 II S. 171; Baumhoff, IStR 2001, S. 751  ff.; Kuckhoff/Schreiber, IWB F. 3 Gr. 1, S. 863  ff.; Kaminski/Strunk, IWB F. 3 Gr. 1, S. 1831  ff.; Kroppen/Rasch/Roeder, IWB F. 3 Gr. 1, S. 1787; Wassermeyer, DB 2001, S. 2465  ff.; Wassermeyer, WPg 2001, S. 13  ff.; Wehnert/Stalberg, IStR 2002, S. 141  ff.
[2] Vgl. Baumhoff/Liebchen, in Mössner/Lampert u. a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 6. Aufl. 2023, Rz. 4.380.
[3] Vgl. BR-Drucks. 352/08 S. 16; BMF, Schreiben v. 13.10.2010, IV B 5 – S 1341/08/10003, BStBl 2010 I S. 774, Rz. 66.

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