Rz. 57

Verrechnungspreise bei Lohnfertigern. Ist eine Produktionsgesellschaft als Lohnfertiger zu qualifizieren, ist zunächst zu überprüfen, ob die Verrechnungspreise auf Grundlage der Preisvergleichsmethode ermittelt werden können, d. h. durch Feststellung uneingeschränkt oder eingeschränkt vergleichbare Fremdvergleichspreise im Rahmen eines inneren (Rz. 26) oder äußeren Preisvergleichs (Rz. 27). In der Verrechnungspreispraxis sind allerdings Vergleichspreise für gleiche oder vergleichbare Produktionsdienstleistungen nur in Ausnahmefällen bestimmbar. Insofern kommt regelmäßig die Kostenaufschlagsmethode (Rz. 32  ff.) zur Anwendung. Ferner käme alternativ die TNMM mit kostenbasiertem Nettogewinnindikator[1] in Betracht. Dies ist insofern sachgerecht, als bei "make or buy"-Entscheidungen im Rahmen des Outsourcings zwischen unabhängigen Dritten üblicherweise auch auf Kostenvergleichsrechnungen abgestellt wird. Außerdem ist die Lohnfertigung als (Produktions-)Dienstleistung anzusehen, für die in der Verrechnungspreispraxis i. d. R. ein kostenorientiertes Entgelt vergütet wird.[2] Im Rahmen der Kostenaufschlagsmethode ist der Gewinnaufschlag des Lohnfertigers umso höher zu bemessen, je mehr Funktionen und Risiken durch ihn übernommen werden. Häufig kommt in der Verrechnungspreispraxis bei Lohnfertigungsverhältnissen ein Gewinnaufschlag von 5 % bis 10 % zur Anwendung (Rz. 37).[3] Die Kostenbasis sollte dabei auf Plan- bzw. Sollkosten beruhen, damit effizientes Arbeiten des Lohnfertigers belohnt und ineffizientes Arbeiten bestraft und nicht durch eine Kostenerstattung auf Istkostenbasis egalisiert wird. Was den Sachumfang der Kosten anbelangt, so kommt bei Lohnfertigungsverhältnissen nur die Verrechnung von Vollkosten in Betracht. Ferner vertritt die Finanzverwaltung in den VWG Funktionsverlagerung die Auffassung, dass die Kosten für die vom Auftraggeber beigestellten Rohstoffe und Materialien nicht in die Kostenbasis des Lohnfertigers einfließen.[4] Dies ist allerdings nur insofern sachgerecht, als die entsprechenden Eingangsstoffe tatsächlich durch den Auftraggeber beigestellt und nicht durch den Lohnfertiger selbst beschafft werden. Entstehen dem Lohnfertiger sog. Anlaufverluste, z. B. im Zusammenhang mit dem Aufbau oder der Erweiterung der Produktion, sind diese vom Auftraggeber zu tragen. Ansonsten würde der Lohnfertiger aufgrund seiner – gegenüber dem Eigenproduzent geringen – Gewinnmarge auf Dauer Verluste erwirtschaften, die ein unabhängiger Lohnfertiger zu tragen nicht bereit wäre.[5]

Die Übernahme der Anlaufkosten bzw. -verluste durch den Auftraggeber entspricht in Fällen der Lohnfertigung auch der Verteilung von Chancen und Risiken. Risiken übernimmt nur, wer sich entsprechende Chancen erhofft. Ein Lohnfertiger erwirbt jedoch keine eigene Geschäftschance, sondern ihm werden im Regelfall lediglich seine Vollkosten zuzüglich eines (geringen aber relativ stabilen) Gewinns vergütet. Dem entspricht die Auffassung der Finanzverwaltung in Rz. 3.33 der VWG VP, dass nicht als Strategieträger zu qualifizierende Unternehmen im Regelfall keine länger andauernde Verlustperiode hinnehmen, ohne einen angemessenen Totalgewinn innerhalb eines bestimmten überschaubaren Kalkulationszeitraums zu erwarten.[6] Über die – regelmäßig – anzuwendende Kostenaufschlagsmethode für die Verrechnungspreisbestimmung gegenüber Lohnfertigern werden hingegen auch Anlaufverluste jedenfalls dann dem Auftraggeber zugewiesen, wenn sich die Kostenbasis auf Vollkosten bezieht.[7] Sowohl in Anlaufphasen als auch in Krisensituationen ist die Abdeckung der Selbstkosten auf Vollkostenbasis zwingend, da Lohnfertiger dadurch gekennzeichnet sind, weder Marktchancen wahrzunehmen noch Marktrisiken zu tragen. Insofern sollten ein "Cost-less"-Preis und damit der Ausweis von Verlusten bei Lohnfertigern ausscheiden.[8]

 

Rz. 58

Verrechnungspreise bei Eigenproduzenten. Im Gegensatz zum Lohnfertiger verfügt der Eigenproduzent über die volle Dispositionsbefugnis der Produktion und ist im Regelfall als "Entrepreneur" bzw. "Strategieträger" in Bezug auf das entsprechende Produkt bzw. die entsprechende Produktgruppe anzusehen.[9] Folglich gebührt ihm der konzerninterne Residualgewinn bzw. -verlust. Die Zuordnung eines geringen, aber stabilen Standardgewinns – wie beim Lohnfertiger – scheidet deshalb aus. Vor diesem Hintergrund wird der Eigenproduzent bei voller Übernahme des Produzentenrisikos seine Produkte ggf. auch an fremde Dritte liefern, sodass hier der Vergleichsmaßstab mithilfe der Preisvergleichsmethode (Rz. 25  ff.) ermittelt werden kann (innerer Preisvergleich). Ferner ist auch ein äußerer Preisvergleich denkbar, wenn für die produzierten Güter Marktpreise existieren. Liefert das ausländische Produktionsunternehmen an verbundene Vertriebsgesellschaften, bietet sich zur Ermittlung des Verrechnungspreises die Wiederverkaufspreismethode[10] (Rz. 29 ff.) oder die TNMM (Rz. 42  ff.) an. Werden dem Eigenproduzenten für dessen Produktion von einem anderen verbunden...

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