Rz. 51

Auffassung der OECD. Die Bedeutung der geschäftsvorfallbezogenen Gewinnmethoden hat in der Praxis der Festlegung und Prüfung internationaler Verrechnungspreise in den letzten Jahren erheblich zugenommen. So werden nach den Erfahrungen der deutschen Finanzverwaltung 80 % der "einfachen Fälle" ("einfache" Vertriebsgesellschaften, Produktionsgesellschaften oder Dienstleistungsgesellschaften) von vornherein nach dieser Methode abgerechnet.[1] Ferner werden bei Abschluss von Advance Pricing Agreements unter Beteiligung der USA zunehmend gewinnorientierte Methoden vereinbart.[2] Mit den OECD-Leitlinien 2010 wurden vor diesem Hintergrund das strenge Hierarchieverhältnis in der Methodenrangfolge und der Ausnahmecharakter der geschäftsvorfallbezogenen Gewinnmethoden ("Profit-Split"/"TNMM") als "methods of last resort" aufgegeben.[3]

Statt einer strengen Methodenhierarchie kommt, bezogen auf die einzelne Transaktion, die "am besten geeignete Verrechnungspreismethode" ("most appropriate method") zum Tragen.[4] Hierdurch erlangen die transaktionsbezogenen Gewinnmethoden – TNMM (Rz. 42 ff.) und Profit Split (Rz. 47 ff.) – einen Status, der ihrer zunehmenden praktischen Relevanz entspricht. Im Einzelnen erfordert die Anwendung des Konzepts der "am besten geeigneten Verrechnungspreismethode" eine Abwägung der Stärken und Schwächen der einzelnen Verrechnungspreismethoden, die insbesondere an folgenden Kriterien auszurichten ist:[5]

  • die Eignung der Methode im Hinblick auf den wirtschaftlichen Gehalt der innerkonzernlichen Transaktion, wie er sich insbesondere nach der Funktionsanalyse darstellt,
  • die Verfügbarkeit hinreichend verlässlicher Daten (insbesondere Fremdvergleichsdaten),
  • der Grad der Vergleichbarkeit von innerkonzernlicher Transaktion und Vergleichstransaktionen (nach etwaigen Anpassungsrechnungen).

Sind nach der Vergleichbarkeitsanalyse und nach der Informationsverfügbarkeit eine Standardmethode, z. B. die Kostenaufschlagsmethode, und eine geschäftsvorfallbezogene Gewinnmethode, z. B. die TNMM, nebeneinander gleich zuverlässig anwendbar, gebührt nach Auffassung der OECD der Standardmethode der Vorrang.[6] Ist neben der Preisvergleichsmethode eine weitere Standardmethode gleich zuverlässig anwendbar, soll stets die Preisvergleichsmethode vorrangig sein.[7]

 

Rz. 52

Innerstaatliches deutsches Steuerrecht. Nach § 1 Abs. 3 Satz 5 AStG ist der Fremdvergleichspreis grundsätzlich nach der im Hinblick auf die Vergleichbarkeitsanalyse und die Verfügbarkeit von Werten zu vergleichbaren Geschäftsvorfällen voneinander unabhängiger Dritter am besten geeigneten Verrechnungspreismethode zu bestimmen. Hierdurch wird der OECD-Ansatz der "am besten geeigneten Verrechnungspreismethode" für die Auswahl der anzuwendenden Verrechnungspreismethode in das innerstaatliche Recht übernommen. Die bisher jedenfalls in Fällen der eingeschränkten Vergleichbarkeit nach dem Gesetzeswortlaut § 1 Abs. 3 Satz 2 AStG a. F. weitergehende Fassung, dass "jede geeignete Verrechnungspreismethode" der Verrechnungspreisbestimmung zugrunde gelegt werden konnte und damit geeignete Verrechnungspreismethoden gleichrangig nebeneinander anwendbar waren, wird nunmehr auf den OECD-Ansatz zurückgeführt. In der Praxis war dieser Unterschied nicht von Bedeutung, da auch nach dem OECD-Ansatz für die Feststellung der Besteignung einer bestimmten Verrechnungspreismethode der Steuerpflichtige ausdrücklich nicht gehalten ist, jede infrage kommende Verrechnungspreismethode eingehend zu analysieren oder für die Auswahl der am besten geeigneten Methode zu testen.[8]

Ausweislich der Gesetzesbegründung soll das Auswahlverfahren für die Feststellung der am besten geeigneten Verrechnungspreismethode – unter entsprechender Bezugnahme auf Tz. 2.2. OECD-Leitlinien[9] – den Vor- und Nachteilen der anerkannten Verrechnungspreismethoden, der Angemessenheit der herangezogenen Methode angesichts der Art des konzerninternen Geschäftsvorfalls, die im Einzelnen durch eine Funktionsanalyse bestimmt wird, der Verfügbarkeit zuverlässiger Informationen (insbesondere zu vergleichbaren Fremdgeschäftsvorfällen), die zur Anwendung der ausgewählten Methode und/oder Methoden notwendig sind, sowie dem Grad der Vergleichbarkeit von konzerninternen Geschäftsvorfällen und Fremdgeschäftsvorfällen Rechnung tragen.[10] Die schließt die Zuverlässigkeit der Anpassungen, die zur Herstellung der Vergleichbarkeit erforderlich sein können, um erhebliche Unterschiede zu beseitigen, mit ein. Die Gesetzesbegründung verweist darüber hinaus nicht auf Tz. 2.8 OECD-Leitlinien, wonach der Steuerpflichtige ausdrücklich nicht gehalten ist, jede infrage kommende Verrechnungspreismethode eingehend zu analysieren oder für die Auswahl der am besten geeigneten Methode zu testen.[11] Dessen ungeachtet, enthält weder der Gesetzeswortlaut des § 1 Abs. 3 Satz 5 AStG eine entsprechende Verpflichtung, noch lässt sich der Gesetzesbegründung ein hierauf gerichteter Wille des Gesetzgebers entnehmen. Insofern ist davon auszugehen, dass ...

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