Rz. 38

Arten gewinnorientierter Methoden. Aufgrund dieser Schwächen der Standardmethoden bei der Verrechnungspreisermittlung wurde nach neuen Verrechnungspreismethoden gesucht, die im Hinblick auf das Vergleichbarkeitskriterium des Fremdvergleichs geringere Anforderungen stellen. Im Ergebnis führte dies zur Entwicklung der sog. Gewinnmethoden, die den Gewinn aus einer Transaktion bzw. den Unternehmensgesamtgewinn in das Zentrum der Einkünfteabgrenzung stellen. Die OECD-Leitlinien[1] und die deutschen VWG VP[2] unterscheiden folgende gewinnorientierte Methoden:

  • die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode ("TNMM"),
  • die geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode ("Profit Split", "PSM") und
  • die globale Gewinnaufteilungsmethode.

Allerdings wird die globale Gewinnaufteilungsmethode von den OECD-Leitlinien als mit dem Fremdvergleichsgrundsatz unvereinbar angesehen und deshalb abgelehnt.[3] Bis zur Neufassung der Kapitel I bis III im Rahmen der OECD-Leitlinien 2010 wurden die geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode und die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode subsidiär in solchen Fällen für anwendbar betrachtet, in denen die Standardmethoden keine Anwendung finden können. Sie waren damit im Rahmen der Verrechnungspreisermittlung als Methoden "des letzten Auswegs" anzusehen. Mit den OECD-Leitlinien 2010 wurde das strenge Hierarchieverhältnis der Verrechnungspreismethoden zueinander aufgegeben. Dies hat zur Folge, dass die transaktionsbezogenen Gewinnmethoden ("profit split"/"TNMM") nach dem Konzept der "am besten geeigneten Verrechnungspreismethode" der OECD-Leitlinien nunmehr gleichrangig neben den Standardmethoden stehen. So kommt anstelle einer strengen Methodenhierarchie die im Einzelfall "geeignetste Methode" zum Tragen (Rz. 45).[4]

 

Rz. 39

Gesetzliche Übernahme des OECD- Ansatzes der "am besten geeigneten Verrechnungspreismethode" durch das AbzStEntModG. Nach § 1 Abs. 3 Satz 5 AStG ist der Fremdvergleichspreis grundsätzlich nach der im Hinblick auf die Vergleichbarkeitsanalyse und die Verfügbarkeit von Werten zu vergleichbaren Geschäftsvorfällen voneinander unabhängiger Dritter am besten geeigneten Verrechnungspreismethode zu bestimmen. Hierdurch wird der OECD-Ansatz der "am besten geeigneten Verrechnungspreismethode" für die Auswahl der anzuwendenden Verrechnungspreismethode in das innerstaatliche Recht übernommen. Die bisher jedenfalls in Fällen der eingeschränkten Vergleichbarkeit nach dem Gesetzeswortlaut § 1 Abs. 3 Satz 2 AStG a. F. weitergehende Fassung, dass "jede geeignete Verrechnungspreismethode", d. h. auch die TNMM und die PSM, der Verrechnungspreisbestimmung zugrunde gelegt werden konnte und damit geeignete Verrechnungspreismethoden gleichrangig nebeneinander anwendbar waren, wird nunmehr auf den OECD-Ansatz zurückgeführt. In der Praxis war dieser Unterschied nicht von Bedeutung, da auch nach dem OECD-Ansatz für die Feststellung der Besteignung einer bestimmten Verrechnungspreismethode der Steuerpflichtige ausdrücklich nicht gehalten ist, jede infrage kommende Verrechnungspreismethode eingehend zu analysieren oder für die Auswahl der am besten geeigneten Methode zu testen.[5]

 

Rz. 40

Methodenvorrang bei gleich zuverlässiger Anwendbarkeit mehrerer Methoden. Nach dem Konzept der "am besten geeigneten Verrechnungspreismethode" kommt die Anwendung mehrerer Verrechnungspreismethoden nebeneinander nur dann in Betracht, wenn sie nach der Vergleichbarkeitsanalyse und der Informationsverfügbarkeit gleich zuverlässig anwendbar sind. Für diesen Fall ist gesetzlich nicht geregelt, ob eine bestimmte Verrechnungspreismethode vorrangig anzuwenden sein soll. Allerdings bezieht sich die Gesetzesbegrünung umfänglich auf Tz. 2.3 der OECD-Leitlinien, und zwar darauf, dass die geschäftsvorfallbezogenen Standardmethoden als Methoden gelten, mit denen sich am unmittelbarsten feststellen lässt, ob die kaufmännischen und finanziellen Beziehungen zwischen verbundenen Unternehmen fremdvergleichskonform sind, und dass in Situationen, in denen die Preisvergleichsmethode und einer andere Verrechnungspreismethode gleich zuverlässig Anwendung finden können, die Preisvergleichsmethode vorzuziehen ist.[6] Dementsprechend ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber das Auswahlkonzept der OECD-Leitlinien umfassend in das innerstaatliche Recht übernehmen wollte. Bei gleich zuverlässiger Anwendbarkeit einer geschäftsvorfallbezogenen Gewinnmethode und einer Standardmethode hat deshalb stets die Standardmethode Vorrang; bei gleich zuverlässiger Anwendbarkeit der Preisvergleichsmethode neben jeder anderen Verrechnungspreismethode hat stets die Preisvergleichsmethode Vorrang.[7] Dies ist neben der vom Steuerpflichtigen zu treffenden Auswahl der von ihm anzuwendenden Verrechnungspreismethode insbesondere deshalb von Bedeutung, weil die Finanzverwaltung in Rz. 46 VWG 2020 für sich in Anspruch nimmt, die "richtige Verrechnungspreismethode" selbst auszuwählen, und zwar diejenige, die sich als geeignetste Methode erweist.[...

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