Rz. 21

Kalkulatorischer Ausgleich. Grundsätzlich sind innerkonzernliche Liefer- und Leistungsbeziehungen einzeln nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu erfassen und mit einem angemessenen Verrechnungspreis zu bewerten (Grundsatz der Einzelbewertung). Allerdings ist es auch zwischen unabhängigen Dritten bei dauerhaften und umfangreichen Geschäftsbeziehungen durchaus üblich, Vorteile aus einem Einzelgeschäft mit Nachteilen aus einem anderen zu kompensieren. Hierbei wird von einem Vorteilsausgleich gesprochen. Unter einem Vorteilsausgleich versteht man den kalkulatorischen Ausgleich von Vorteilen des einen Geschäfts mit Nachteilen eines anderen, wobei begrifflich zwischen den Geschäften kein personeller, sachlicher oder zeitlicher Zusammenhang bestehen muss. Insoweit knüpft der Vorteilsausgleich an die wechselseitigen Leistungsbeziehungen zwischen 2 Vertragspartnern (hier: 2 Konzernunternehmen) an. Dabei erbringen die beiden Vertragspartner ihre jeweiligen Leistungen gegenüber dem anderen entweder zu einem – isoliert gesehen – unangemessen hohen oder niedrigen Entgelt, wobei sich die unangemessenen Beträge der Höhe nach entweder voll oder teilweise decken. Außerdem ist der Fall denkbar, dass der eine Vertragspartner dem anderen mehrere Leistungen erbringt, von denen er für die eine ein unangemessen hohes und für die andere ein unangemessen niedriges Entgelt fordert. Auch in diesem Fall können sich Vor- und Nachteile aus den Leistungsbeziehungen ganz oder teilweise ausgleichen. Wirtschaftlich betrachtet erfolgt beim Vorteilsausgleich eine Saldierung vorteilhafter mit nachteiligen Geschäften. Es werden bei bestimmten Einzeltransaktionen bewusst Gewinneinbußen in Kauf genommen, um, wie z. B. im Wege eines absatzwirtschaftlichen Verbundes, diese mit besonders gewinnträchtigen Geschäften zu kompensieren (sog. kalkulatorischer Ausgleich). Ein solcher Ausgleich ist unzweifelhaft auch zwischen unabhängigen Unternehmen denkbar und durchaus üblich, sodass bei einem Vorteilsausgleich kein Verstoß gegen den Grundsatz der Einzelbewertung von Geschäftsbeziehungen vorliegt. Dies ist grundsätzlich von der OECD,[1] der deutschen Finanzverwaltung[2] und der Rechtsprechung[3] anerkannt.

 

Rz. 22

Steuerliche Anerkennung. Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung[4] setzt die steuerliche Anerkennung eines Vorteilsausgleichs jedoch voraus, dass

  • die Geschäfte in einem inneren Zusammenhang zueinander stehen,
  • die Vor- und Nachteile bei den einzelnen Geschäften quantifiziert werden können und
  • die Vorteilsverrechnung bewusst vereinbart war oder zur Geschäftsgrundlage des nachteiligen Geschäftes gehört.

Ob die erste Forderung nach einem "inneren Zusammenhang" zwischen Geschäft und Gegengeschäft wirklich gerechtfertigt ist, ist fraglich. Die Rechtsgrundlage des Vorteilsausgleichs legitimiert eine solche Forderung nicht. Der Ausdruck "innerer Zusammenhang" ist im Übrigen unklar. Die Finanzverwaltung versteht ihn unverändert in Rz. 3.25 der VWG VP[5] i. S. v. wirtschaftlich einheitlichen Geschäften. Danach müssen Leistung und Gegenleistung so miteinander verknüpft sein, dass sie wirtschaftlich als ein einheitliches Geschäft anzusehen sind. Die VWG VP verknüpfen die bisher gesondert geforderte Fremdüblichkeit mit diesen Anforderungen an den inneren Zusammenhang.[6] Eine solche Forderung widerspricht jedoch geradezu dem Grundgedanken des Vorteilsausgleichs, der sich gerade nicht auf wirtschaftlich einheitliche, sondern auf wirtschaftlich verschiedene Geschäfte bezieht und steht im Gegensatz zur betriebswirtschaftlichen Realität, in der voneinander unabhängige Dritte einen Vorteilsausgleich nicht nur innerhalb wirtschaftlich einheitlicher Geschäfte akzeptieren.

[7] Anzuerkennen sind dagegen die beiden weiteren Voraussetzungen nach der Quantifizierbarkeit der Vor- und Nachteile und der Kompensationsabsicht der Vertragspartner. Beide Forderungen lassen sich unmittelbar aus dem Fremdvergleich ableiten. Ein fremder Dritter wird einen Nachteil nur in Kauf nehmen, wenn er von vornherein mit seinem Ausgleich durch einen anderweitigen Vorteil hinreichend sicher rechnen kann. Eine solche Prognose setzt die Quantifizierbarkeit der Vor- und Nachteile von vornherein voraus. Außerdem muss zwischen Vor- und Nachteil eine "do ut des"-Absicht bestehen. Verbundene Unternehmen müssen deshalb das Vorhandensein ihrer Kompensationsabsicht im Zeitpunkt des Abschlusses des nachteiligen Geschäfts nachweisen. Zweckmäßigerweise wird die Kompensationsabsicht in eine schriftliche Vereinbarung aufgenommen. Dies ist allerdings keine Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung des Vorteilsausgleichs. Die Existenz einer Kompensationsabsicht kann auch in anderer Weise nachgewiesen werden. Der Fremdvergleich rechtfertigt schließlich auch die Forderung nach einem zeitlichen Zusammenhang zwischen dem vorteilhaften und dem nachteilhaften Geschäft. Ein fremder Dritter würde einem nachteiligen Geschäft nur zustimmen, wenn er mit dem Abschluss des vorteilhaften Geschäftes sicher re...

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