Rz. 3

Überblick der Rechtsgrundlagen. Die Zielsetzung des Fremdvergleichs besteht darin festzustellen, ob die Bewertung von Lieferungen und Leistungen zwischen rechtlich selbstständigen Konzerngesellschaften dem Angemessenheitspostulat genügt, d. h. ob die Preise so festgelegt worden sind, wie dies fremde Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen tun oder tun würden. Werden mithilfe des Fremdvergleichs Leistungsungleichgewichte, z. B. in Form von Preisvor- oder Preisnachteilen, festgestellt, deren Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zwischen den verbundenen Unternehmen (Konzerngesellschaften) zu suchen ist, so ergeben sich daraus besondere steuerliche Konsequenzen, die entscheidend davon abhängen,

  • in welche Richtung innerhalb des Konzernverbundes und in welches Steuerhoheitsgebiet sich der Leistungsfluss bewegt,
  • um welche Art von ausgetauschter Leistung es sich im Einzelfall handelt und
  • ob durch das Leistungsungleichgewicht im Inland eine Einkunftsminderung oder Einkunftserhöhung bewirkt worden ist.

Im Einzelnen bestehen für Verrechnungspreissachverhalte zwischen verbundenen Kapitalgesellschaften folgende Rechtsgrundlagen:

  • die verdeckte Gewinnausschüttung (vGA),
  • die verdeckte Einlage,
  • § 1 AStG sowie
  • die abkommensrechtlichen (bilateralen) Gewinnkorrekturvorschriften, die inhaltlich im Wesentlichen Art. 9 OECD-MA entsprechen.
 

Rz. 4

Verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Der Begriff der vGA wird in § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG verwendet, ohne dass dieser Begriff gesetzlich definiert ist. Nach Rechtsprechung des BFH ist eine vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt und nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht.[1] Die Unterschiedsbetragsminderung muss ferner die Eignung haben, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (sog. Vorteilsgeneigtheit).[2] Eine vGA kommt mithin in Betracht, wenn die Vorteilsgewährung von einer Tochter- an ihre Muttergesellschaft bzw. – allgemein – von einer nachgeordneten Kapitalgesellschaft an einen unmittelbar oder mittelbar übergeordneten Gesellschafter erfolgt. Auf Ebene der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft besteht die Rechtsfolge der vGA darin, dass die vGA das Einkommen nicht mindert. Dem bilanziellen Unterschiedsbetrag i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG, der infolge der vGA vermindert ist, ist die vGA wieder hinzuzurechnen. Diese Hinzurechnung erfolgt nach ständiger Rechtsprechung des BFH und Auffassung der Finanzverwaltung außerhalb der Steuerbilanz,[3] auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe.[4] Der Höhe nach ist die Einkünftekorrektur unmittelbar aus dem Fremdvergleich abzuleiten, d. h. sie beläuft sich auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem Fremdvergleichspreis und dem tatsächlich vereinbarten Verrechnungspreis.[5] Auf Ebene der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft unterliegt eine vGA mithin der regulären Belastung mit Körperschaft-, Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag. Ferner ist die vGA Leistung i. S. v. § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG. Der vorteilsempfangende Gesellschafter erzielt mit der vGA einen sonstigen Bezug i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, der bei einer ausländischen Muttergesellschaft der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegt (§ 2 Nr. 1 KStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG, § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG).

 
Hinweis

In der Verrechnungspreispraxis ist von erheblicher Bedeutung, dass eine vGA Kapitalertragsteuer i. H. v. 25 % (§§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) zuzüglich Solidaritätszuschlag auslöst, die von der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft einzubehalten und abzuführen ist. Die inländische Tochtergesellschaft ist Haftungsschuldnerin (§ 44 Abs. 5 Satz 1 EStG). Eine Reduktion der Kapitalertragsteuer erfolgt ungeachtet etwaiger hierfür vorliegender Voraussetzungen nicht von Amts wegen. Vielmehr ist die inländische Tochtergesellschaft ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Absenkung der Kapitalertragsteuer oder eine Freistellung verpflichtet, die reguläre Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen (§ 50c Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Vornahme des Kapitalertragsteuerabzugs nach einem – abkommensrechtlich vorgegebenen – niedrigeren Steuersatz oder das Unterlassen des Kapitalertragsteuerabzugs ist nur dann und insoweit zulässig, wie auf Antrag der Muttergesellschaft vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eine Freistellungsbescheinigung erteilt wurde (§ 50c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG). Die Entlastungsberechtigung und der Entlastungsumfang bestimmen sich hierbei nach den Anforderungen des § 50d Abs. 3 EStG.[6] Besteht kein bzw. kein vollständiger Entlastungsanspruch nach der EU-MTR oder einem DBA, beläuft sich die Ertragsteuerbelastung für ausländi...

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