Leitsatz

1. Die Rechtsprechung, dass Verwaltungspauschalen nach dem Regelungsverständnis der Verwaltung auszulegen sind, gilt nicht für solche Verwaltungsanweisungen, die lediglich gesetzesauslegenden Charakter haben.

2. Ob Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen wegen Fahrtätigkeit zu gewähren sind, entscheidet sich nicht nach den abstrakten Merkmalen eines bestimmten Berufsbildes, sondern nach dem konkreten Einsatz des betreffenden Arbeitnehmers.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 3 EStG , § 9 Abs. 5 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war im Streitjahr 1998 auf dem Flughafengelände und im Umkreis des Rhein-Main-Flughafens als Rettungsassistent tätig. Er machte bei der Veranlagung vergeblich Verpflegungsmehraufwendungen für Fahrtätigkeit in Höhe von (225 Tage x 10 DM) 2 250 DM geltend. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, sein Arbeitsplatz sei das Einsatzfahrzeug, das für alle notfallversorgenden Maßnahmen ausgestattet sei. Er sei mehr als 10 Stunden von zu Hause abwesend.

Das FG wies die Klage ab. Die Pauschbeträge nach Abschnitt 39 Abs. 2 Nr. 3 LStR 1996 stünden dem Kläger nicht zu.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung (mangels hinreichender Feststellungen) auf.

Das FG werde zu ermitteln haben, wie der Kläger seine Arbeit erbringe. Es habe auch zu klären, ob der Kläger auf einer – weiträumigen – ortsgebundenen regelmäßigen Arbeitsstätte tätig sei (was der Beanspruchung von Verpflegungspauschalen entgegenstünde).

Zu untersuchen sei auch, ob der Umfang des dort (also nicht fahrend) erbrachten Dienstes noch den Schluss zulasse, dass der Kläger "typischerweise nur" auf dem Fahrzeug tätig sei. Aufzuklären seien auch die tatsächlichen Abwesenheitszeiten des Klägers.

 

Hinweis

1. Die Besprechungsentscheidung bot Veranlassung, darauf hinzuweisen, dass der Ausgangspunkt des FG – nämlich Bindung an das Regelungsverständnis der Verwaltung – im Streitfall nicht zutreffen konnte; denn für Verpflegungspauschalen gibt es ab 1996 eine gesetzliche Regelung (vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 3 EStG 1996). Diese gilt nach § 9 Abs. 5 EStG 1996 sinngemäß für die entsprechende berufliche Tätigkeit eines Arbeitnehmers.

2. Verpflegungsmehraufwendungen kann ein Arbeitnehmer nach den o.a. Vorschriften dann erfolgreich geltend machen, wenn er bei seiner individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug tätig wird. Dabei spricht viel dafür, dass sich der Wortlaut "typischerweise nur" nicht nur auf die Einsatzwechseltätigkeit, sondern auch auf die Fahrtätigkeit bezieht.

Mit den beiden Begriffen der Einsatzwechseltätigkeit und der – im Streitfall in Betracht zu ziehenden – Fahrtätigkeit hat der Gesetzgeber an die schon bisher bestehende Rechtsprechung angeknüpft. Hinsichtlich der individuellen Tätigkeit ist nicht an abstrakte Merkmale eines bestimmten Berufsbilds anzuknüpfen; entscheidend ist vielmehr die konkrete Verwendung des Arbeitnehmers (im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers).

Hinsichtlich der Frage, ob der Kläger eine Fahrtätigkeit ausübte, hielt sich der BFH in der Besprechungsentscheidung (auch mangels tatsächlicher Feststellungen durch das FG) bemerkenswert zurück. Das FG wird sich deshalb über den Begriff der Fahrtätigkeit klar werden müssen.

Hervorgehoben hat der BFH allerdings (nochmals), dass der Grund für den Abzug von Verpflegungspauschalen darin besteht, dass der Arbeitnehmer bei einer bestimmten Betätigungsform für seine Verpflegung aus beruflichen Gründen mehr Geld ausgeben muss, als dies bei einem Arbeitnehmer der Fall ist, der einen üblichen ortsfesten Arbeitsplatz hat. An dieser Auslegung sei auch der Begriff der Fahrtätigkeit zu orientieren.

Betont hat der BFH überdies, dass ein Arbeitnehmer, der außerhalb des Betriebssitzes des Arbeitgebers ständig unterwegs sein müsse, auch dann typischerweise (nur) auf einem Fahrzeug tätig sei, wenn sich seine geschuldete Arbeit nicht im Lenken oder Begleiten eines Fahrzeugs erschöpfe, sondern – wie z.B. beim Zugbegleitpersonal – andere Aufgaben zu erledigen sind.

Für die Lösung des Streitfalls wird demnach entscheidend sein, ob die konkrete Tätigkeit des Klägers (als Rettungsassistent) im Wesentlichen durch den Dienst auf dem Fahrzeug geprägt ist und andere Arbeitspflichten (am Betriebssitz) wegen ihres untergeordneten Umfangs vernachlässigt werden können. Keine (reine) Fahrtätigkeit ("typischerweise nur") würde der Kläger erbringen, wenn auch (Stand-)Zeiten von einigem Gewicht am Betriebssitz vorlägen. Dann würde der jeweilige Einsatz eine Dienstreise darstellen, wobei allerdings die erforderlichen Abwesenheitszeiten regelmäßig nicht erfüllt sein dürften.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.4.2002, VI R 154/00

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