Ein Unternehmer kann eine sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für private Zwecke genutzte Immobilie insgesamt seinem Unternehmen zuordnen ("Zuordnungswahlrecht").[1] Soweit eine vollständige Zuordnung zu seinem Unternehmen vorgenommen wurde, ist aber der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1b UStG auf den Teil des Gebäudes beschränkt, der für die unternehmerischen Zwecke verwendet wird.

 
Praxis-Tipp

Zuordnung regelmäßig sinnvoll

Die vollständige Zuordnung sowohl privater als auch unternehmerisch genutzter Gebäude zum Unternehmen ist regelmäßig wirtschaftlich sinnvoll, da sie dem Unternehmer ermöglicht, bei einer erhöhten unternehmerischen Nutzung innerhalb des maßgeblichen Berichtigungszeitraums eine Vorsteuerberichtigung[2] zu seinen Gunsten vorzunehmen.

Konnte der Unternehmer für den privat genutzten Teil des Gebäudes keinen Vorsteuerabzug vornehmen, ist die Privatnutzung nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen, da es insoweit nicht zu einem steuerbaren Umsatz kommt.[3]

Allerdings kann sich bei einer Veränderung des Umfangs der unternehmerischen und der privaten Nutzung eine Vorsteuerberichtigung nach § 15 a Abs. 6a UStG ergeben. Voraussetzung ist aber, dass das Grundstück insoweit dem Unternehmen zugeordnet worden war.

 
Praxis-Beispiel

Vorsteuerberichtigung nach Nutzungsänderung

Rechtsanwalt R hat 2019 ein Doppelhaus errichtet, das er in vollem Umfang dem Unternehmen zugeordnet hat. In 2019 nutzt er das Haus zu 60 % für private Wohnzwecke und zu 40 % für seine unternehmerischen Zwecke. Insgesamt sind aus den Herstellungskosten 100.000 EUR Umsatzsteuer entstanden, sodass R aus den Herstellungskosten 40.000 EUR als Vorsteuer abziehen konnte. In 2023 hat sich der Umfang der unternehmerischen Nutzung auf 60 % erhöht. Nach § 15 a Abs. 6a UStG kann R für 2023 eine Vorsteuerberichtigung zu seinen Gunsten vornehmen. Der Berichtigungsbetrag beläuft sich auf 2.000 EUR (= 100.000 EUR (Umsatzsteuerbetrag) x 12/120 (1 Jahr des 10-jährigen Berichtigungszeitraums) x 20 % (Verwendungsänderung). Die Vorsteuerberichtigung ist in der Jahressteuererklärung für 2023 vorzunehmen.[4]

Die Entnahme eines dem Unternehmen (vollständig) zugeordneten Gebäudes kann zu unterschiedlichen Ergebnissen führen:

  • War der Unternehmer nicht - auch nicht anteilig – zum Vorsteuerabzug aus der Anschaffung oder der Herstellung des Gebäudes berechtigt, ist die Entnahme aus dem Unternehmen nicht steuerbar. Eine einer entgeltlichen Leistung gleichgestellte Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG ergibt sich aufgrund des fehlenden Vorsteuerabzugs nicht.[5]
  • War der Unternehmer ganz oder teilweise aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder aus später eingefügten Bestandteilen zum Vorsteuerabzug berechtigt, ist die Entnahme für private Zwecke aus dem Unternehmen ein nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG steuerbarer Vorgang. Da die Entnahme aber dem Grunde nach unter § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG fällt, ist die Entnahme steuerfrei. Eine Vorsteuerberichtigung kann sich dann nur insoweit ergeben, wie der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen war.
 
Hinweis

Frühere Rechtslage überholt

Früher ergab sich aufgrund der sog. "Seeling-Rechtsprechung" des EuGH[6] auch bezüglich der auf die Eigennutzung entfallenden Kosten für den Unternehmer ein Vorsteuerabzug. Allerdings unterlag dann die private Verwendung – verteilt über den maßgeblichen Vorsteuerberichtigungszeitraum – als unentgeltliche steuerbare und steuerpflichtige Wertabgabe[7] der Umsatzbesteuerung. Nach der darauffolgenden Einführung des Art. 168a MwStSystRL wurde national die Vorsteuerabzugsberechtigung nach § 15 Abs. 1b UStG für Gebäude beschränkt, die aufgrund eines ab dem 1.1.2011 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags angeschafft wurden oder mit deren Herstellung ab dem 1.1.2011 begonnen worden ist.[8] Für Gebäude, die vor diesem Zeitpunkt angeschafft oder mit deren Herstellung begonnen wurde, blieb der volle Vorsteuerabzug bestehen, verbunden mit der Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe. Da die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe aber auf den maßgeblichen – 10-jährigen – Berichtigungszeitraum begrenzt ist, sind mittlerweile auch diese nachlaufenden Besteuerungsfolgen nicht mehr praxisrelevant.

[1] Abschn. 15.2c Abs. 2 UStAE. Vgl. zur Dokumentation der Zuordnungsentscheidung Tz. 2.6.1.
[6] EuGH, Urteil v. 8.5.2003, C-269/00 (Wolfgang Seeling), BFH/NV Beilage 2003 S. 157.
[7] § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG, keine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG, da die unentgeltliche Nutzung grds. keine "Vermietung" darstellen kann.

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