2.1 Sachverhalt

Rentner R hat mit Wirkung zum 1.1.2023 ein gemischt genutztes Gebäude in Köln erworben (Baujahr 1920). Umsatzsteuer wurde R bei dem Verkauf des Gebäudes nicht berechnet. Er weiß aber, dass der Vorbesitzer dieses Haus ebenfalls als Anlageobjekt (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) genutzt hatte und in den letzten 10 Jahren vor dem Verkauf des Objekts keine wesentlichen Baumaßnahmen an dem Gebäude vorgenommen wurden.

Das Haus verfügt insgesamt über eine Nutzfläche von 1.500 m². Von dieser Fläche sind 500 m² an private Wohnungsmieter und 250 m² an eine orthopädische Gemeinschaftspraxis vermietet. Im Erdgeschoss des Gebäudes und in der ersten Etage sind die restlichen Räume an den Betreiber eines Supermarkts vermietet.

An laufenden Bewirtschaftungskosten sind im Kalenderjahr 2023 die folgenden Aufwendungen entstanden:

 
  • umlagefähige Aufwendungen – ohne Umsatzsteuer[1]
  15.000 EUR
  • umlagefähige Aufwendungen – 7 % Umsatzsteuer[2]
brutto 8.025 EUR
  • umlagefähige Aufwendungen – 19 % Umsatzsteuer[3]
brutto 35.700 EUR
  • nicht umlagefähige Aufwendungen – ohne Umsatzsteuer[4]
  50.000 EUR
  • nicht umlagefähige Aufwendungen – 19 % Umsatzsteuer[5]
brutto 23.800 EUR

Darüber hinaus vermietet R auf dem Grundstück auch noch insgesamt 25 Parkplätze. Von diesen Parkplätzen sind 5 Plätze an Wohnungsmieter, 5 Plätze an die orthopädische Gemeinschaftspraxis, 10 Plätze an den Supermarktbetreiber sowie 5 Plätze an fremde Dritte vermietet. R erhebt für jeden Parkplatz eine monatliche "Pauschalgebühr" i. H. v. 40 EUR.

[1] Z. B. Versicherungen, Grundsteuer, angestellter Hausmeister.
[2] Z. B. Wasserlieferung.
[3] Z. B. Strom, Heizöl, Wartungskosten, externe Dienstleister (Gartenarbeiten o. Ä.).
[4] Z. B. Finanzierungskosten, soweit das Kreditinstitut auf die Optionsmöglichkeit nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet hat.
[5] Z. B. Instandsetzungskosten.

2.2 Fragestellungen

R möchte wissen

  • in welchem Umfang es für ihn sinnvoll sein kann, auf die Umsatzsteuerfreiheit zu verzichten. Der Vorgänger des R hatte grundsätzlich steuerfrei vermietet.
  • wie die Nebenkostenabrechnung für 2023 auszusehen hat, wenn davon ausgegangen wird, dass – aus Vereinfachungsgründen – alle Nebenkosten nach m² umzulegen sind und auf die Parkplätze keine der oben angegebenen Nebenkosten entfallen.
  • wie die Vermietung der Parkplätze umsatzsteuerrechtlich zu beurteilen ist.

2.3 Lösung

R wird durch die Vermietung zum Unternehmer, da er selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht (wirtschaftliche) Umsätze ausführt.[1] Selbst wenn R nicht schon vorher Unternehmereigenschaft aufgrund anderer wirtschaftlicher Aktivitäten inne hatte, wird er spätestens mit dem Erwerb des Mietobjekts zum Unternehmer.

Bei dem Erwerb des Hauses ist davon auszugehen, dass der Verkauf durch den Voreigentümer eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG darstellt, da insoweit das gesamte Unternehmen oder zumindest ein Teil des Unternehmens insgesamt auf den Erwerber übergeht und insoweit von dem Erwerber fortgeführt wird. In diesem Fall ist das Gebäude nicht steuerbar auf den Erwerber übergegangen. Zu beachten ist, dass der Erwerber in die Rechtsposition des Veräußerers eintritt und insoweit ggf. auch Vorsteuerberichtigungszeiträume des Veräußerers fortführen muss.[2] Da im vorliegenden Fall in den letzten 10 Jahren keine wesentlichen Baumaßnahmen (= nachträgliche Herstellungskosten oder umfassende Instandsetzungsarbeiten) durchgeführt wurden und das Haus 1920 errichtet wurde, besteht kein "aktiver" Berichtigungszeitraum für das Objekt, sodass R hieraus nichts beachten muss.

 
Praxis-Tipp

Berichtigungszeitraum umfasst auch größere Instandsetzungsmaßnahmen

Auch alle Instandsetzungsmaßnahmen an Gebäuden können zu einer Vorsteuerberichtigung beim Unternehmer (Hauskäufer) führen, soweit die Instandsetzungsmaßnahmen die Bagatellgrenze des § 44 Abs. 1 UStDV[3] überschreiten. Damit muss der Käufer oder sein Berater bei Immobilienerwerben auch immer prüfen, ob innerhalb der letzten 10 Jahre größere Instandsetzungsmaßnahmen ausgeführt wurden, die evtl. innerhalb eines 10-jährigen Berichtigungszeitraums zu einer Vorsteuerberichtigung führen können.

Die Vermietung führt im Inland zu steuerbaren Umsätzen. Der Ort der Leistung bestimmt sich nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. a UStG und ist dort, wo das Grundstück liegt (Köln). Da die Vermietung entgeltlich im Rahmen des Unternehmens des R ausgeführt wird, ist sie steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG.

Die Vermietung ist grundsätzlich steuerfrei nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG. Die Steuerfreiheit ist aber insoweit ausgeschlossen, als hier Parkplätze an fremde Dritte vermietet werden.[4]

 
Wichtig

Parkplatzvermietung als Nebenleistung

Soweit Parkplätze an Wohnungsmieter oder Gewerbemieter mit vermietet werden, wird von Nebenleistungen ausgegangen, die das Schicksal der Hauptleistung teilen.[5] Allerdings muss die Parkplatzvermietung nicht immer eine Nebenleistung zu einer anderen Leistung darstellen. So ist umstritten und derzeit beim BFH[6] anhängig, ob die Vermi...

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