Leitsatz

1. Die Besteuerung des in Deutschland ansässigen Gesellschafters einer ungarischen, nach dortigem im Gegensatz zum deutschen Recht steuerlich als intransparent behandelten Personengesellschaft ist nach Maßgabe des DBA-Ungarn auf der Grundlage des deutschen und nicht des ungarischen Steuerrechts vorzunehmen.

2. Bei Einkünften aus der Vermietung unbeweglicher und beweglicher Wirtschaftsgüter, die von einer i.S.v. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG 1990 gewerblich geprägten, aber vermögensverwaltend tätigen ungarischen Personengesellschaft erzielt werden, an der in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Personen beteiligt sind, handelt es sich nicht um Gewinne eines Unternehmens i.S.v. Art. 7 Abs. 1 DBA-Ungarn. Gleichermaßen verhält es sich, wenn die vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft als Besitzgesellschaft im Rahmen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung zu einer anderen ungarischen Personengesellschaft als Betriebsgesellschaft fungiert. Das Besteuerungsrecht für solche Vermietungseinkünfte ist den jeweiligen Vertragsstaaten deswegen nach Maßgabe entweder von Art. 6 Abs. 1 oder von Art. 21 DBA-Ungarn zuzuweisen (Anschluss an die ständige Spruchpraxis des Senats).

 

Normenkette

Art. 3 Abs. 1 Buchst. c, Abs. 2, Art. 4 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und 4, Art. 7 Abs. 1, Art. 21, Art. 23 Abs. 1 Buchst. a und Buchst. c DBA-Ungarn, § 15 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 2 EStG 1990

 

Sachverhalt

Der in Deutschland wohnhafte Kläger war im Streitjahr 1996 mit einem Gesellschaftsanteil i.H.v. 96,62 % beschränkt haftender Mitgesellschafter einer Personengesellschaft ungarischen Rechts in der Rechtsform der betéti társaság (BT), der T-BT, mit Sitz in Ungarn. Weitere Gesellschaftsanteile in einem Umfang von 2,03 % hielt der ebenfalls in Deutschland wohnende Beigeladene. Gesellschafterin mit den übrigen Geschäftsanteilen und (einzige) Komplementärin war eine ungarische Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der korlátolt felelösségü társaság (KFT), die T-KFT, mit Sitz in Ungarn, an der der Kläger ebenfalls mehrheitlich beteiligt war (90 % der Gesellschaftsanteile). Zur Geschäftsführung in der T-BT war nach dem Gesellschaftsvertrag nur die Komplementärin befugt, die im Streitjahr in Ungarn ein eigenes Büro unterhielt.

Die T-BT erzielte Einkünfte aus der Vermietung eines in Ungarn belegenen Grundstücks nebst der darauf befindlichen Maschinen an eine weitere ungarische Personengesellschaft, die E-BT, ebenfalls mit Sitz in Ungarn. Deren alleinige Komplementärin war wiederum die T-KFT, und der Kläger war auch hier Mehrheitsgesellschafter. Die E-BT stellte auf dem Grundstück und mit den Maschinen Wirtschaftsgüter als Subunternehmerin einer deutschen GmbH her, der E-GmbH. Gesellschafter-Geschäftsführer der E GmbH war der Kläger mit einem Gesellschaftsanteil i.H.v. 90 %. Die restlichen Gesellschaftsanteile in Höhe von 10 % hielt der Beigeladene.

Das FA stellte die Einkünfte der T-BT, die in Ungarn nach Maßgabe des dortigen Steuerrechts für das Streitjahr der ungarischen KSt und GewSt unterworfen worden war, sowohl gegen den Kläger als auch gegen den Beigeladenen gesondert und einheitlich fest. Die betreffenden Einkünfte seien nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a und c DBA-Ungarn in Deutschland zu besteuern. Der Kläger verlangte demgegenüber die Freistellung der in Rede stehenden Einkünfte. Hilfsweise seien die von der T-BT in Ungarn entrichteten Steuern anzurechnen.

Das FG gab der Klage nur hinsichtlich des Hilfsantrags statt, wies sie in ihrem Hauptantrag aber als unbegründet ab (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 02.09.2010, 9 K 2510/04 B, Haufe-Index 2563621, EFG 2011, 415).

 

Entscheidung

Vor dem BFH hatte der Kläger hingegen mit dem Hauptantrag Erfolg. Der BFH hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück: Der Kläger erziele mit seinem Engagement Einkünfte aus der Vermietung unbeweglicher und beweglicher Wirtschaftsgüter. Das Besteuerungsrecht dafür richte sich nach Art. 6 Abs. 1 und Art. 21 DBA-Ungarn, liege also zu einem Teil bei Ungarn, zum anderen Teil bei Deutschland. Das FG müsse die Quoten näher aufklären, wobei es nicht darauf ankomme, einen "Vermietungsschwerpunkt" zu bestimmen. Auch wenn überwiegend unbewegliche Wirtschaftsgüter vermietet worden seien, so könne doch die gleichzeitige Vermietung beweglicher Wirtschaftsgüter dem unbeweglichen Vermögen auch dann nicht "zugeschlagen" werden, wenn jener Teil deutlich geringer sei.

 

Hinweis

Ein wichtiges Urteil zum Abkommensrecht, durch das einmal mehr die heftigst geführte Kontroverse um die Frage der sog. Qualifikationsverkettung im Fall eines subjektiven negativen Qualifikationskonflikts (z.B. Wassermeyer, IStR 2011, 85; Jürgen Lü­dicke, IStR 2011, 91) durch den BFH entschieden worden ist.

1. Zunächst bestätigt und verfeinert das Urteil aber die schon bislang verfestigte (und der Verwaltungspraxis widersprechende) jüngere Spruchpraxis des BFH zur abkommensrechtlichen Einkünftequalifikation solcher Unternehmen, deren Gewerblichkeit sich nicht aus tatsächlichen Umständen ...

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