Leitsatz

Kann ein Steuerpflichtiger eine in seinem Eigentum stehende Wohnung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen dauerhaft nicht in einen betriebsbereiten Zustand versetzen und zur Vermietung bereitstellen, ist es nicht zu beanstanden, wenn das FG nach einer Gesamtwürdigung aller Tatsachen vom Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht ausgeht.

 

Normenkette

§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 9 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb 1993 eine Wohnung, die bis 1999 vermietet war und danach leer stand. Das Gebäude befand sich insgesamt in einem desolaten Zustand. Von 9 Wohnungen war 2011 nur noch eine Wohnung vermietet.

Eine von den Eigentümern 1999 beschlossene Sanierung wurde nur zur Hälfte ausgeführt, nachdem die Umlage vom Verwalter veruntreut worden war. Weitere Bemühungen der Eigentümer, die Instandsetzung fortzusetzen, hatten keinen Erfolg.

Seit 2005 besteht keine Heizung mehr im Gebäude. Versuche, die Wohnung des Klägers zu vermieten, hatten keinen Erfolg. Sämtliche Vermittler bestätigten dem Kläger die Unvermietbarkeit aufgrund des baulichen Zustands.

Nach anfänglicher Anerkennung berücksichtigte das FA die Vermietungseinkünfte seit 2006 nicht mehr. Das FG (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 6.4.2016, 3 K 44/14, Haufe-Index 9487372, EFG 2016, 1335) hat die Klage abgewiesen.

 

Entscheidung

Die Revision der Kläger hatte keinen Erfolg. Der BFH hat die tatsächliche Würdigung des FG als möglich bestätigt und seine Rechtsprechung zum Wegfall der Vermietungsabsicht nach anfänglicher auf Dauer angelegter Vermietung um die Fallgruppe des nachträglichen objektiven Wegfalls der Vermietbarkeit der Wohnung erweitert.

 

Hinweis

1. Aufwendungen für Wohnungen, die nach vorheriger auf Dauer angelegter Vermietung leer stehen, sind auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den Entschluss zu vermieten nicht endgültig aufgegeben hat.

a) Der Steuerpflichtige kann den Entschluss willentlich aufgeben. Das ist z.B. der Fall, wenn er eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken beginnt oder sich entschließt, die Wohnung zu veräußern.

b) Eine Willensbetätigung ist aber nicht zwingend erforderlich. Unter Umständen genügt dafür auch eine bloß objektive Entwicklung, in deren Folge sich die Behauptung des Steuerpflichtigen, vermieten zu wollen, als gegenstandslos erweist. Das ist z.B. der Fall, wenn – wie im Besprechungsfall – während der Dauer des Leerstands die Vermietbarkeit der Wohnung entfällt, insbesondere wenn die Wohnung aus tatsächlichen Gründen nicht mehr vermietet werden kann, z.B. weil keine (funktionierende) Heizung mehr vorhanden ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn hinzukommt, dass der Steuerpflichtige aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen (hier: Verhältnisse in der WEG) nicht in der Lage ist, die erforderliche Sanierung selbst herbeizuführen.

c) Ob solche Umstände vorliegen, ist Tatfrage und deshalb vom FG unter Würdigung sämtlicher Umstände des jeweiligen Falles zu entscheiden. Dabei kann das FG auch berücksichtigen, dass die objektiv fehlende Vermietbarkeit der Wohnung kein bloß vorübergehender Zustand war, sondern im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung bereits seit mehr als 17 Jahren bestand und ein Ende nicht absehbar war.

2. Verallgemeinernd könnte man vielleicht sagen, dass die Behauptung, vermieten zu wollen, unbeachtlich ist, wenn sie erkennbar aufgrund objektiver Umstände derzeit und auf absehbare Zeit nicht realisierbar erscheint. Der BFH ist dabei bewusst nicht in Einzelfragen ausgewichen. So spielte es für ihn keine Rolle, in welchem Umfang der Kläger für die nicht erreichbaren oder unwilligen Mitglieder der WEG auch ohne deren Ermächtigung im Rahmen einer Notgeschäftsführung hätte handeln können (vgl. § 21 Abs. 2 WEG).

Vorsicht ist über den Urteilssachverhalt hinaus geboten

Auch wenn der Besprechungsfall in tatsächlicher Hinsicht sicherlich ein "krasser" Fall ist, gilt künftig: Jeder lang anhaltende Leerstand verbunden mit einem (sehr) schlechten Zustand des Objekts birgt die Gefahr, dass die Einkünfte aufgrund fehlender Gewinnerzielungsabsicht nicht mehr anerkannt werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 31.1.2017 – IX R 17/16

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