Leitsatz

Löst ein Steuerpflichtiger seine Darlehensschuld vorzeitig ab, um sein bisher vermietetes Objekt lastenfrei übereignen zu können, kann er die dafür an den Darlehensgeber zu entrichtende Vorfälligkeitsentschädigung nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin veräußerte eine Immobilie, die zuvor mehr als 10 Jahre in ihrem Eigentum gestanden hatte und von ihr vermietet worden war. Um das Grundstück wie vereinbart lastenfrei übergeben zu können, löste sie das zur Anschaffung der Immo­bilie aufgenommene Darlehen vorzeitig ab und zahlte dafür an das Kreditinstitut eine Entschädigung. In dieser Höhe machte sie Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 11.9.2013, 7 K 545/13 E, Haufe-Index 5584790, EFG 2013, 1906).

 

Entscheidung

Der BFH hat auch die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

 

Hinweis

Die Entscheidung leistet für eine praktisch relevante Fallgruppe einen Beitrag zu einer einheitlichen steuerlichen Behandlung von Vorfälligkeitsentschädigungen. Sie ist im Zusammenhang zu sehen mit der Rechtsprechung zum Abzug nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (vgl. BFH, Urteile vom 20.6.2012, IX R 67/10, BFH/NV 2012, 1697 und vom 8.4.2014, IX R 45/13, BFH/NV 2014, 1151).

1. Die für die Zustimmung zur vorzeitigen Ablösung eines Immobilienkredits an den Darlehensgeber zu zahlende Entschädigung gehört nach der Rechtsprechung zu den Schuldzinsen i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG. Schuldzinsen können nach dieser Vorschrift als Werbungskosten abgezogen werden, "soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen".

2. Den wirtschaftlichen Zusammenhang im Sinne der Vorschrift beurteilt der BFH nach Maßgabe des Veranlassungsprinzips. Eine Vorfälligkeitsentschädigung könnte danach zu Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen, wenn das sie "auslösende Moment" bei wertender Betrachtung der Erzielung von Einkünften durch entgeltliche Nutzungsüberlassung zuzurechnen wäre. Das ist indes nicht der Fall.

3. Die Vorfälligkeitsentschädigung beruht zwar auf einem Darlehensvertrag, der durch die Erzielung von Vermietungseinkünften veranlasst ist. Dieser rechtliche Zusammenhang ist jedoch nicht entscheidend. Ausgelöst wird die Verpflichtung erst durch eine Änderung des Darlehensvertrags mit dem Ziel der vorzeitigen Rückzahlung; und diese Änderung ist bei wertender Betrachtung darauf zurückzuführen, dass die Immobilie veräußert worden ist und lastenfrei übertragen werden muss. Die Vorfälligkeitsentschädigung ist deshalb in dieser Fallgruppe durch die Veräußerung der Immobilie und nicht durch deren Vermietung veranlasst. Das schließt die Annahme von Werbungskosten aus.

4. Entsprechend hatte der VIII. Senat bereits entschieden, die Vorfälligkeitsentschädigung könne nicht zu Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen führen, wenn sie durch die Veräußerung einer Immobilie veranlasst war (BFH, Urteil vom 6.12.2005, VIII R 34/04, BFH/NV 2006, 677). Dem hat sich der IX. Senat nun ausdrücklich angeschlossen und seine abweichende frühere Rechtsprechung aufgegeben (BFH, Urteile vom 23.4.1996, IX R 5/94, BFH/NV 1996, 283 und vom 14.1.2004, IX R 34/01, BFH/NV 2004, 1091).

5. Die Rechtsprechung impliziert, dass der Begriff der Veräußerungskosten nun ebenfalls einheitlich nach Maßgabe des Veranlassungsprinzips zu beurteilen ist (überzeugend BFH, Urteil vom 9.4.2014, DStR 2014, 1221). Ist die Veräußerung der Immobilie steuerbar, mindert die Vorfälligkeitsentschädigung den Veräußerungsgewinn; bei nicht steuerbarer Veräußerung bleibt sie ohne steuerliche Auswirkung.

6. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der BFH den Abzug nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugelassen hat (s.o.). Die Klägerin hatte argumentiert, die vorfällig gezahlten Schuldzinsen dürften nicht anders behandelt werden als die nachlaufenden. Dem ist der BFH nicht gefolgt. Zum einen beurteilt der BFH – wie dargelegt – die Veranlassung in beiden Fallgruppen unterschiedlich. Darüber hinaus hatte die Klägerin auch übersehen, dass der Abzug nachträglicher Schuldzinsen nur in Betracht kommt, soweit der Erlös aus der Veräußerung der Immobilie zur Ablösung des Darlehens nicht ausreicht. Andernfalls endet der Veranlassungszusammenhang unabhängig davon, ob der Veräußerungserlös tatsächlich dazu verwendet wird, das Darlehen abzulösen. So lag der Streitfall.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 11.2.2014 – IX R 42/13

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