Kommentar

1. Vermieten Eltern eine ihnen gehörende Eigentumswohnung an ein volljähriges Kind, das die Miete aus dem von den Eltern geleisteten Barunterhalt zahlen muß, wird diese Gestaltung von der bisherigen BFH-Rechtsprechung (insbesondere Urteil v. 23. 2. 1988, IX R 157/84, BStBl II S. 604) und Verwaltungspraxis (H 162a ) als rechtsmißbräuchlich ( § 42 AO 1977 ) nicht anerkannt .

Anders liegt der Fall, wenn das Kind neben den Unterhaltsleistungen über eigene Mittel verfügt, aus denen es die Miete zahlen kann. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Eltern ihrem Kind zuvor die Mittel, hier einen Betrag von 20.000 DM, geschenkt haben.

2. Der Mietvertrag ist jedoch nur dann im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen , wenn er nicht nur zivilrechtlich gültig wie unter Fremden vereinbart, sondern auch wie unter Fremden üblich tatsächlich durchgeführt wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.03.1995, IX R 47/93

Hinweise:

Die vorstehende BFH-Entscheidung zeigt einen Weg, wie für die Überlassung einer Wohnung insbesondere an das studierende Kind unter Umständen erhebliche, die Ausbildungsfreibeträge ( § 33a Abs. 2 EStG Ausbildungsfreibetrag ) übersteigende Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können. Abgesehen von der Möglichkeit, bei Neubauten degressive AfA abziehen zu können ( § 7 Abs. 5 Nr.1 EStG ), bleibt der Werbungskostenabzug auch dann ungekürzt , wenn die Miete mindestens die Hälfte der üblichen Marktmiete beträgt ( § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG ).

Nach der jetzigen BFH-Entscheidung entfällt ein Gestaltungsmißbrauch schon dann, wenn das Kind die Miete aus ihm zuvor geschenkten Mitteln bezahlt oder – so der Leitsatz – bezahlen kann. Damit ist die frühere strengere Rechtsprechung im Grunde weitgehend aufgegeben . Denn für vermögende Steuerpflichtige, die dem Kind nicht nur eine eigene Wohnung überlassen, sondern auch das Geld für die „Miete” schenken können, ist jetzt grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, die familienrechtlichen Beziehungen, vor allem die Unterhaltsgewährung, einkommensteuerrechtlich in den Bereich der Einkünfte aus V+V zu verlagern.

Die einzige einkommensteuerrechtliche Schranke bildet noch das Erfordernis , daß der Mietvertrag hinsichtlich seines vereinbarten Inhalts wie der tatsächlichen Durchführung dem sogenannten Fremdvergleich standhalten muß. Andernfalls wird er einkommensteuerrechtlich nicht anerkannt. Wie die neuere Rechtsprechung erweist, hapert es öfter an der tatsächlichen Durchführung, so der laufenden Mietzahlung , die der Vermieter dem Finanzamt auf Verlangen nachzuweisen hat. Darauf sollten sich die Steuerpflichtigen beizeiten einstellen ( Verträge mit nahen Angehörigen ).

Die Gestaltungsalternative anstelle solcher Vermietung bildet die unentgeltliche Überlassung . Handelt es sich um eine neuerrichtete oder -erworbene Wohnung, kann der Eigentümer neben dem Freibetrag für auswärtige Unterbringung ( § 33a Abs. 2 Nr. 2 EStG ) auch die Eigenheimförderung nach § 10e EStG in Anspruch nehmen, falls ihm – so der BFH im Urteil vom 26. 1. 1994 (X R 94/92, BStBl II S .544) – für das Kind noch ein Kinderfreibetrag zusteht; das Baukindergeld ( § 34f EStG , Kinderzulage/Baukindergeld ) wird allerdings für ausgeschlossen erachtet (so BFH, Urteil v. 25. 1. 1995, X R 37/94, BStBl II S. 378 und BMF, Schreiben v. 21. 11. 1994, BStBl I S. 855).

unentgeltliche Wohnungsüberlassung

Hinweis:

Die Finanzverwaltung hat auf dieses Urteil mit einem Nichtanwendungserlaß reagiert ( BMF, Schreiben v. 22. 1. 1996, BStBl 1996 I S. 37 ). Sie will an ihrer bisherigen strengeren Auffassung festhalten. Als Betroffener sollten Sie Einspruch einlegen !

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