Leitsatz

1. Die in § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG angeordnete Freistellung der Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanteilen bezieht sich auf einen um etwaige Veräußerungskosten gekürzten Nettobetrag, von welchem nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG sodann 5 % als fiktive nicht abziehbare Betriebsausgaben behandelt werden.

2. Zu den Veräußerungskosten i.S.v. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG gehören alle Aufwendungen, welche durch die Veräußerung der Anteile veranlasst sind. Das können bei Wertpapiergeschäften auch die Verluste aus der Veräußerung von Zertifikaten auf die entsprechenden Aktien sein.

 

Normenkette

§ 8b Abs. 2 Sätze 1 und 2, Abs. 3 Satz 1 KStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, war im Streitjahr 2005 als Reiseveranstalter tätig. Daneben führte sie verschiedene Aktiengeschäfte sowie Termingeschäfte auf Aktien und Zertifikate durch, im Einzelnen wie folgt:

Im November 2004 und im Mai 2005 erwarb sie Aktien der A-AG (925.900 Aktien zum Preis von 10,80 EUR je Stück sowie 969.000 Aktien zum Preis von 10,32 EUR je Stück) sowie im August 2005 Aktien der B-AG (308.000 Aktien zum Preis von 40,60 EUR je Stück). Aktien derselben Gattung wurden im Mai und im Oktober 2005 an die D-Bank veräußert, und zwar nach Ablauf des jeweils zugrunde liegenden Termingeschäfts mit der D-Bank. Wahlweise war es ihr nach dem zugrunde liegenden Konzept (s. dazu die Praxis-Hinweise, dort sub 3.) möglich, zu dem jeweiligen Termin Zertifikate zu liefern. Davon machte die Klägerin in drei Fällen Gebrauch; in einem Fall erfolgte hingegen die Lieferung von Aktien in das Termingeschäft. Insgesamt führte die Erfüllung der Termingeschäfte durch die Lieferung der Zertifikate zu einem Verlust von rd. 2,8 Mio. EUR. Aus der Rückveräußerung der Aktien wurde hingegen ein Gewinn von insgesamt 2,4 Mio. EUR vereinnahmt.

Nach Auffassung der Klägerin waren die Gewinne aus den Aktienverkäufen jeweils nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei, während die Verluste aus den Verkäufen der Zertifikate in voller Höhe gewinnmindernd zu berücksichtigen seien. Das FA war dementgegen der Auffassung, lediglich das Gesamtergebnis aus beiden Transaktionen sei nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei zu stellen. Aufgrund dessen unterfalle der aus den Geschäftsvorfällen erwirtschaftete Verlust von insgesamt rd. 400.000 EUR dem Abzugsverbot nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG. Hilfsweise scheitere der Verlustabzug an § 15 Abs. 4 EStG.

Die Klage gegen den hiernach geänderten KSt-Bescheid 2005 blieb erfolglos (FG Düsseldorf, Urteil vom 12.6.2012, 6 K 2435/09 K, Haufe-Index 3304434, EFG 2012, 2055).

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG bestätigt: Die Verluste aus den Zertifikategeschäften stellen Veräußerungskosten im Zusammenhang mit den Aktiengeschäften dar. Sie sind deswegen bei der Errechnung des steuerbefreiten Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2 KStG zu berücksichtigen und nicht isoliert als Betriebsausgaben abziehbar.

 

Hinweis

1. In gewisser Weise knüpft das Urteil an das an, was der BFH bereits in seinem Urteil vom 12.3.2014, I R 45/13 zum Ausdruck gebracht hat. Das betrifft die Frage, wie der Veräußerungsgewinn nach Maßgabe von § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG zu ermitteln ist, und zudem die Frage danach, was unter Veräußerungskosten i.S.v. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG zu verstehen ist. Das muss hier nicht alles wiederholt werden und darauf kann deswegen querverwiesen werden, und zwar in diesem Heft auf Seite 313.

2. Danach gilt denn auch, dass zu den Veräußerungskosten i.S.v. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG alle Aufwendungen gehören, welche durch die Veräußerung der Anteile veranlasst sind. Welche das sind, ist im Einzelfall durch eine wertende Betrachtung zu ermitteln.

3. Im Urteilsfall hatte die beteiligte Kapitalgesellschaft nun Aktiengeschäfte "auf Termin" getätigt. Sie hatte das Risiko des Substanzverlustes jedoch durch damit einhergehende Zertifikategeschäfte"modellhaft" minimiert:

Der vereinbarte Rücknahmekurs der Aktien lag zu dem Rückgabetermin jeweils über dem aktuellen Börsenkurs; er verringerte sich aber, wenn der Börsenkurs während der Laufzeit des Termingeschäfts zu irgendeinem Zeitpunkt eine gewisse Schwelle – den sog. Barrierepreis – überschritt. Wahlweise war es der Kapitalgesellschaft nun gestattet, zum festgelegten Termin statt der Aktien ein Aktienzertifikat zu liefern, dessen Börsenpreis mit dem Preis der Aktie der betreffenden Aktiengesellschaft zu jenem Zeitpunkt identisch war.

Aus den Aktienverkäufen wurden auf diese Weise Gewinne erzielt, aus den Zertifikatelieferungen hingegen – höhere – Verluste. Das Ganze "rechnete" sich dennoch, vorausgesetzt, die Gewinne aus den Aktienverkäufen bleiben nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei, wohingegen die Verluste aus den Zertifikategeschäften als Betriebsausgaben uneingeschränkt abziehbar sind.

3. Letzteres mag jedenfalls vordergründig "unbillig" dünken. Die Finanzverwaltung bemüht deswegen das gesamte einschlägige Instrumentarium der Gegenwehr: Gestaltungsmissbrauch, namentlich in Gestalt eines verwerflichen Gesamtplans, aber auch Abzugsbeschränkungen, wie sie sich, wenn auch ta...

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