2.2.1.1 Allgemeines

 

Rz. 38

Negative Einkünfte, die erstmals bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte ab VZ 2004 nicht ausgeglichen werden können, sind bis zu einem Gesamtbetrag von 1 Mio./2 Mio. EUR (ab VZ 2013), 10 Mio./20 Mio. EUR (für VZ 2020, 2021) im Falle der Zusammenveranlagung, vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen VZ vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen. Ab 2022 sind laut dem aktuellen Regierungsentwurf für ein Viertes Corona-Steuerhilfegesetz negative Einkünfte bis zu einem Gesamtbetrag von 10 Mio./20 Mio. EUR (für VZ 2022, 2023) vom Gesamtbetrag der Einkünfte der zwei unmittelbar vorangegangenen VZ vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen.[1] Diese Reihenfolge führt dazu, dass sich Sonderausgaben und der Grundfreibetrag nicht mehr auswirken, wenn durch den Verlustabzug die positiven Einkünfte vollen Umfangs verrechnet werden. Diese Regelung ist verfassungsgemäß.[2] Ist ein Abzug in diesem VZ nicht möglich oder nicht gewollt (Rz. 42, 55), erfolgt der Verlustvortrag.

 

Rz. 39

Ab VZ 2008 ist nach § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG[3] der Gesamtbetrag der Einkünfte des Rücktragsjahrs um die Begünstigungsbeträge nach § 34a EStG zu mindern. Nach § 34a Abs. 8 EStG dürfen negative Einkünfte nicht mit ermäßigt besteuerten Gewinnen i. S. d. § 34a Abs. 1 Satz 1 EStG ausgeglichen werden, sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Hierdurch soll eine doppelte Begünstigung vermieden werden. Im Übrigen kann der Antrag auf ermäßigte Besteuerung im Verlustjahr nach § 34a Abs. 1 Satz 4 EStG zurückgenommen werden, sodass dem Steuerpflichtigen der Verlustrücktrag nach § 10d EStG unmittelbar eröffnet wird.

 

Rz. 40

 

Beispiel 3

 
Verlust VZ 02, § 21 EStG 100.000 EUR
VZ 01 nach § 34a Abs. 1 EStG ermäßigt besteuerter Gewinn 100.000 EUR

Ein Verlustrücktrag von 02 nach 01 ist unzulässig. Nimmt der Steuerpflichtige für 01 den Antrag auf ermäßigte Besteuerung zurück, wird der Rücktrag zulässig.

Für alle nicht begünstigt besteuerten Einkünfte kann auch weiterhin ein Verlustrücktrag auf Antrag des Steuerpflichtigen durchgeführt werden. Nicht ausgeglichene Verluste gehen in den Verlustvortrag ein. D. h. nach dem obigen Beispiel, dass der Verlust im VZ02 nach 03 ff. vorgetragen wird.

Der Nachversteuerungsbetrag gem. § 34a Abs. 6 EStG kann nicht in den Verlustabzug einbezogen werden, da er nicht zu den Einkünften zählt. Im Ergebnis werden die Einkünfte bzw. der Teil der Einkünfte, für die bzw. den die Wahl der begünstigten Besteuerung getroffen wurde, endgültig aus der Verlustverrechnung ausgeschieden.

[1] Vgl. BT-Drucks. 20/1111 v. 21.03.2022, S. 8,

Zu den weiteren Änderungen der Beträge vgl. Rz. 30, 43.

[3] UnternehmensteuerreformG 2008 v. 14.8.2007, BStBl 2007 I S. 630.

2.2.1.2 Reihenfolge

 

Rz. 41

Die Berücksichtigung erfolgt durch den Abzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen. Auch diese Regelung gilt ab VZ 1999 und stellt eine Änderung zum Rechtszustand bis VZ 1998 dar, wonach der Verlustabzug "wie Sonderausgaben" vom Gesamtbetrag der Einkünfte an letzter Stelle abgezogen wurde. Eine hieraus folgende Verschärfung der Rechtslage kann der Steuerpflichtige aber regelmäßig durch Ausübung des Wahlrechts (Rz. 42a) vermeiden.

Die Regelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.[1]

Damit ergibt sich nunmehr folgende Reihenfolge:

Gesamtbetrag der Einkünfte

 
./. Verlustabzug
./. Sonderausgaben usw.
= Einkommen des Rücktragsjahres
 

Rz. 42

Im Rücktragsjahr sind neben der Bestimmung des Gesamtbetrags der Einkünfte auch Aussagen zur Höhe des Verlustrücktrags zu treffen, da nur im Rücktragsjahr verbindlich darüber zu befinden ist, in welcher Höhe mit Blick auf die in diesem VZ verwirklichten Besteuerungsmerkmale eine Verlustrücktrag in Frage kommt. Die Höhe dieser Beträge geht als Berechnungsgrundlage in den Feststellungsbescheid des Verlustentstehungsjahrs ein, ohne dort selbstständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage zu sein. Der ESt/KSt-Bescheid des Verlustentstehungsjahrs hat keine Bindungswirkung für die Höhe des im ESt/KSt-Bescheid des Rücktragsjahrs anzusetzenden Verlustrücktrags, da über Grund und Höhe des Verlustrücktrags ausschließlich im Rahmen der Veranlagung des Rücktragjahrs entschieden wird.[2]

RZ 42a

Für Verluste, die ab VZ 1994 nicht ausgeglichen werden können, ist dem Steuerpflichtigen durch das Standortsicherungsgesetz vom 13.9.1993[3] auf Antrag ein Wahlrecht eingeräumt worden, den Verlustrücktrag in Anspruch zu nehmen, ihn nur teilweise in Anspruch zu nehmen oder ganz darauf zu verzichten. Dazu muss der Stpfl. gem. § 10d Abs. 1 Satz 6 EStG im Antrag die Höhe des Verlustrücktrags angeben. Fehlt es an einer eindeutigen und zweifelsfreien Erklärung des wirklich Gewollten, ist im Zweifel dav...

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