Die stillen Reserven sind gesetzlich als Unterschiedsbetrag zwischen dem (anteiligen oder gesamten) in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesenen Eigenkapital und dem auf dieses Eigenkapital jeweils entfallenden gemeinen Wert der Anteile an der Körperschaft definiert. Maßgebend sind die stillen Reserven zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs.

Um unerwünschte Ergebnisse zu vermeiden, wurde ab 2010 zudem die Berechnung der stillen Reserven bei Körperschaften mit negativem Eigenkapital anders gefasst.[1] In diesen Fällen errechnen sich die stillen Reserven als Differenz zwischen dem (anteiligen oder gesamten) ausgewiesenen Eigenkapital und dem diesem Anteil entsprechenden gemeinen Wert des Betriebsvermögens der Körperschaft.

 
Praxis-Beispiel

Verkauf für 1 EUR

Die V-GmbH hat ihren Betrieb eingestellt, verfügt über kein Aktivvermögen mehr und weist nur noch ein Gesellschafterdarlehen i. H. v. 150.000 EUR aus. Das Kapitalkonto beträgt damit -150.000 EUR. Die GmbH-Anteile des V werden von X für 1 EUR entgeltlich erworben.

Ohne die gesetzliche Korrektur hätten sich stille Reserven von 150.001 EUR ergeben (Differenz zwischen gemeinem Wert der Anteile mit 1 EUR und dem Kapitalkonto mit -150.000 EUR). Durch die Änderung kommt es aber zum Vergleich des gemeinen Werts des Betriebsvermögens mit dem Kapitalkonto: beide Werte betragen -150.000 EUR, sodass sich stille Reserven von 0 EUR ergeben.

Der Gesetzgeber hat damit eine nicht geplante Lücke geschlossen, die in der Praxis insbesondere bei der Veräußerung eigentlich wertloser GmbH-Anteile zum symbolischen Preis von 1 EUR aufgetreten wäre. Damit bleibt insbesondere eine Werterhöhung der Anteile durch eine künftige Steuerminderung aus der Verlustnutzung zu Recht außen vor.

Eine andere Frage ist, auf welcher tatsächlichen Grundlage der maßgebende gemeine Wert in der Praxis ermittelt werden kann.

  • Liegt eine entgeltliche Anteilsübertragung vor, lassen sich der gemeine Wert und damit die Höhe der stillen Reserven i. d. R. aus dem vereinbarten Entgelt ableiten.
  • Ist kein Entgelt gegeben, wie z. B. bei Einbringung, Einlage etc., lässt es sich in der Praxis nicht vermeiden, dass eine Unternehmensbewertung vorzunehmen ist.

Erfolgt die Anteilsübertragung nicht auf den Bilanzstichtag, sondern unterjährig, ist es sinnvoll, eine Zwischenbilanz zu erstellen. Aus dieser ist sodann das dem gemeinen Wert gegenüberzustellende steuerliche Eigenkapital ersichtlich.

[1] § 8c Abs. 1 Satz 8 KStG i. d. F. des JStG 2010 v. 8.12.2010, BGBl 2010 I S. 1768.

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