Gem. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG wird der verbleibende Verlust des Steuerpflichtigen automatisch vom Finanzamt vom Gesamtbetrag der Einkünfte des vorangegangenen Jahres abgezogen und zwar vorrangig vor Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen. Dabei gilt bezüglich des Verlustrücktrags ein Höchstbetrag.[1]

Soweit ein Ausgleich der negativen Einkünfte nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG nicht möglich ist, sind diese zwingend gem. § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG vom Gesamtbetrag der Einkünfte des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen. Dabei wird lt. § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG der Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums und des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums um die Begünstigungsbeträge nach § 34a Abs. 3 Satz 1 EStG gemindert.

Der Steuerpflichtige kann lt. § 10d Abs. 1 Satz 6 EStG ab Veranlagungszeitraum 2022 auf den Verlustrücktrag nur insgesamt verzichten. Der Antrag kann widerrufen werden bis zur Bestandskraft des den verbleibenden Verlustvortrag feststellenden Bescheids.

Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag ist gesondert festzustellen.[2]

§ 10d Abs. 4 Satz 2 EStG regelt die Ermittlung (Höhe) des verbleibenden Verlustvortrags: Verbleibender Verlustvortrag sind

  • die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte,
  • vermindert um die nach § 10d Abs. 1 EStG abgezogenen und die nach§ 10d Abs. 2 EStG abziehbaren Beträge und
  • vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag.

Der BFH muss darüber entscheiden, ob der im Einkommensteuerbescheid angesetzte Altersentlastungsbetrag im Rahmen der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags bei der Bezugsgröße "den bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte" erhöhend zu berücksichtigen ist.[3]

 
Wichtig

Verhältnis von Steuerfestsetzung und gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags

§ 10d Abs. 4 Satz 4 Halbs. 2 EStG normiert eine inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an die der Einkommensteuerfestsetzung zugrunde gelegten Besteuerungsgrundlagen, die der eines Grundlagenbescheids im Verhältnis zum Folgebescheid entspricht. Die Wirkung dieses "Quasi-Grundlagenbescheids" hat zur Folge, dass im Verfahren zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags keine eigenständige Einkünfteermittlung mehr stattfindet.[4]

Mit der Regelung des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG wird eine inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an den Einkommensteuerbescheid erreicht, obwohl der Einkommensteuerbescheid kein Grundlagenbescheid ist.

Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Klage gegen einen Verlustfeststellungsbescheid als Quasi-Folgebescheid auch dann zulässig, obgleich im Feststellungsverfahren des verbleibenden Verlustvortrags die Einkünfte nicht eigenständig zu ermitteln bzw. zu überprüfen sind. Die Klage gegen einen Verlustfeststellungsbescheid, die sich z. B. gegen die Verrechnung von – aus der Sicht des Steuerpflichtigen – zu Unrecht der Besteuerung zugrunde gelegten Kapitaleinkünfte richtet, ist zulässig. Es fehlt nicht an der gemäß § 40 Abs. 2 FGO für die Erhebung der Anfechtungsklage erforderlichen Geltendmachung einer Rechtsverletzung durch den Erlass des angefochtenen Verlustfeststellungsbescheids. Die Klage gegen einen Verlustfeststellungsbescheid ist begründet, wenn mit dem Klageantrag dieselben Einwendungen wie gegen den dem Verlustfeststellungsbescheid zugrunde liegenden Einkommensteuerbescheid geltend gemacht werden und diese durchgreifen.[5]

Auch bei einer sog. Nullfestsetzung liegt für eine Anfechtungsklage gegen einen Festsetzungsbescheid eine Beschwer[6] vor, soweit in diesem Bescheid über eine Besteuerungsgrundlage entschieden wird und insoweit über § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG eine inhaltliche Bindung für ein Verlustfeststellungsverfahren ausgelöst wird.[7]

Der Steuerpflichtige kann Rechtsschutz gegen eine aus seiner Sicht unzutreffende Ermittlung der bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte nur durch Anfechtung des Einkommensteuerbescheids und nicht durch Anfechtung des Verlustfeststellungsbescheids erreichen. Eine Beschwerde i. S. v. § 350 AO bzw. § 40 Abs. 2 FGO ist auch dann gegeben, wenn zwar die Einkommensteuer auf 0 EUR festgesetzt wurde, der Steuerpflichtige aber den Ansatz der Besteuerungsgrundlagen rügt.[8]

Wurde vom Finanzamt ein verbleibender Verlustvortrag festgestellt, müssen Steuerpflichtige im Folgejahr eine Einkommensteuererklärung abgeben.[9]

Die Entscheidung im Verlustrücktragsjahr setzt neben der Bestimmung der Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte auch Aussagen zur Höhe des Verlustrücktrags voraus. Ist dem Antrag des Steuerpflichtigen die Höhe des z...

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